Zwei Aussteiger wandern durch die Welt
Zwei Aussteiger wandern durch die Welt
Die beiden Neumarkter Heiko Gärtner und Tobias Krüger nehmen sich eine Auszeit-Start am 1. Januar
NEUMARKT - "Urvertrauen und Fröhlichkeit muss man haben und alles kommt von allein." Heiko Gärtner sagt diesen Satz aus voller Überzeugung, lehnt sich dabei im Stuhl zurück und lächelt. Der 34-Jährige ist entspannt und gespannt, und zwar wegen seines nächsten Abenteuers. Der Neumarkter wird zusammen mit seinem Kumpel und Geschäftspartner Tobias Krüger zu Fuß durch die Welt wandern. Schuhe werden die Männer dabei nicht immer tragen.
Das Porträt
Die beiden nehmen sich eine Auszeit, wollen über ihr Leben nachdenken und darüber, wie über sechs Milliarden Menschen auf der Erde friedlich und im Einklang miteinander leben können. Hohe Ziele, die sich die Männer da gesteckt haben „Wir geben unser normales sesshaftes Leben auf und wollen durch die Welt wandern", fasst Tobias Krüger zusammen Der 28-Jährige arbeitete bislang in Gärtners Firma „Naturspirit" mit, er gab ebenfalls Seminare und Survival-Trainings. Die Firma lief eigentlich gut, warum dann alles hinter sich lassen? "Man kann doch nicht jeden Tag zehn oder elf Stunden lang etwas tun, nur um Geld zu verdienen", sagt Heiko Gärtner. Der Weg sei ein Heilungsweg. Was sich genau darunter verbirgt, lässt der 34-Jährige offen. Der Körper soll regenerieren, man muss auf seine Signale achten, sagt Gärtner.
Dafür wollen sich die Männer Zeit lassen. Einen konkreten, stringenten Plan gibt es (noch) nicht. Sie wollen zunächst in den Süden aufbrechen, denn ihre Tour startet am 1. Januar 2014. Zu diesem Zeitpunkt ist es in Mitteleuropa kalt. Daher geht es nach Südfrankreich, Portugal oder Spanien, vielleicht auch nach Griechenland oder in die Türkei. Auch nach Skandinavien wollen sie quer durch die Welt wandern. Rund 25 Kilometer soll es täglich vorwärtsgehen. "Wir sind aber ganz entspannt und haben keinen festen Zeitplan" betont Tobias Krüger.
Wenn es den Wanderern an einem Ort besonders gut gefällt, wollen sie dort bleiben und sich von den Menschen und der Natur inspirieren lassen. Kartenmaterial haben sie schon gesichtet, auch zogen sie einige Sponsoren an Land. Die Ausrüstung ist nicht ganz billig. Auf die Tour müssen Sonnensegel zur Stromgewinnung - Laptop oder der Akku des Fotoapparates müssen aufgeladen werden. Thermo-Kleidung für die Wintermonate und ein Zelt müssen mitgenommen werden.
Das alles transportieren sie nicht auf dem Rücken. Fast 30 Kilogramm müsste jeder schleppen. Sie nehmen einen sogenannten Mono-Walker mit. Das ist eine Art Rucksack mit Rädern, den man hinter sich herzieht. "Wir wollen beide Welten miteinander verbinden", sagt Krüger. Auf einen DVD-Abend im 4,20 Meter langen Zelt wollen sie trotz ihrer naturverbundenen Lebensweise nicht verzichten. "Diese Reise soll keine Askese sein", sagt der 28-Jährige.
Ob sie sich nicht gegenseitig auf die Nerven gehen werden beim durch die Welt wandern? "Nein", kommt die entschiedene Antwort. Die beiden waren früher schon oft zusammen unterwegs - zum Teil auch mehrere Monate. Sie kennen sich und wissen, wie der andere tickt - fast so wie bei einem Ehepaar, das seit 30 Jahren zusammenlebt.
Normale Jobs
Vor gut einem Jahr liefen sie beispielsweise blind - sie hatten spezielle Brillen auf - durch Bayern und schließlich sogar bis auf die Zugspitze hinauf. Vor kurzem pilgerte Heiko Gärtner auf dem Jakobsweg und versorgte sich komplett selbst. Er schlief noch nicht einmal in den Herbergen, sondern lebte im Wald und von der Natur. Wie man sich durchschlägt, wissen Krüger und Gärtner bestens. Das Wissen darüber haben sie sich in den vergangenen Jahren erarbeitet und das Unternehmen aufgebaut. Sie bieten Survival-Camps und verschiedene Seminare an Krüger hat Kulturpädagogik studiert, Heiko Gärtner arbeitete früher als Versicherungskaufmann. Vom Bürojob möchte Heiko Gärtner nichts mehr wissen. Geld werden sie auf ihrer Reise nicht viel benötigen, sagt er. Dies mache das Aussteigen einfacher.
Seine Firma übergab Heiko Gärtner an Geschäftspartner. Die Wohnung wird für die Dauer der Reise untervermietet. Wann sie wieder nach Hause nach Neumarkt kommen, wissen sie noch nicht. "Meine Mutter macht sich schon Sorgen", sagt Tobias Krüger. Auch einige Freunde werden sie vermissen. Wirklich weg sind sie aber nicht. Sie werden, wie bei ihren bisherigen Abenteuern, als Lebensabenteurer Fotos, Filme und Bilder in ihren Blog stellen.
Interessante Menschen und ihre Weltreise zu Fuß:
Der damals 25-jährige US-Amerikaner Andrew Siess hat als jüngster Mensch die Welt zu Fuß umrundet. Im Mai 2012 startete er seinen Trip in Italien, durchquerte in drei Jahren 24 Länder und legte insgesamt mehr als 38.000 Kilometer zurück. Gekostet hat ihn seine Weltreise nur 3500 Euro. Während er anfangs seinen Rucksack noch auf dem Rücken schleppte, legte er sich unterwegs schließlich einen kleinen Karren zu, auf dem er das Gepäck vor sich herschieben konnte. Insgesamt war er 1020 Tage unterwegs und hat 24 Länder durchlaufen. Auf einer interaktiven Karte, die er auf seiner Website zeigt, kann man die Route nachverfolgen und sich Fotos und Videos von den einzelnen Stationen ansehen.
Die meist gewanderte Frau ist die Managerin Christine Thürmer. Sie hat Job und Wohnung aufgegeben, um zu wandern. Weit zu wandern. 40.000 Kilometer sind es mittlerweile. So weit wie keine andere Deutsche. Sie spricht gerne über ihren Outdoor-Alltag, ihre Lieblings-Weitwanderrouten und die Frage, was im Leben eigentlich glücklich macht. Dazu kommen noch 30.000 Kilometer mit dem Fahrrad und 6.500 Kilometer auf dem Kajak. Für dieses ungewöhnliche Vollzeit-Outdoor-Leben hat die ehemalige Geschäftsführerin mit vierzig Jahren ihren Job und ihre Wohnung aufgegeben. Ihr Weitwander-Debüt – der Pacific Crest Trail durch die USA – hat sie endgültig süchtig gemacht. Auf ihrer Website ist alles übersichtlich nachzulesen.