Das Navigationssystem Oregon® 650t von Garmin im Test
Wir sind nun bereits fast ein Jahr lang ununterbrochen zu Fuß unterwegs und haben dabei knapp siebentausend Kilometer quer durch Europa zurückgelegt. Dabei konnten wir nun bereits verschiedene Methoden zur Orientierung und Navigation ausprobieren, angefangen vom Vertrauen auf verschiedene Pilgerführer und Jakobswegmarkierungen über die Orientierung mit Karte und Kompass, bis hin zu unserem Navigationssystem. Heute möchten wir uns noch einmal genauer mit dem letzteren befassen und euch unsere bisherigen Erfahrungen dazu mitteilen. Es handelt sich um ein Oregon® 650t Navigation mit Touch-Display von Garmin, das im Grunde aufgebaut ist, wie ein dickeres und äußerst robustes Smartphone. Seit wir losgegangen sind, haben wir es fast permanent im Einsatz, sei es nun als Backup für andere Orientierungsmethoden oder als Navigationsmethode der Wahl. Dabei musste es verschiedensten Bedingungen trotzen, von staubigen Straßen und sengender Sonne in Spanien und Portugal bis hin zu Dauerregen, Stürzen und Erschütterungen. Wir können also getrost sagen, wir haben das Oregon® 650t einem echten Extremtest unterzogen. Hier ist nun unser Ergebnis.
Allgemeine Ausstattung des Oregon® 650t
Das Garmin Oregon® 650t ist ein sehr robustes und kompaktes Gerät mit einer Größe von 6,1 x 11,4 x 3,3 cm und einem Gewicht von rund 200g inklusive Batterien. Die Vorderseite wird fast vollständig von einem 3 Zoll (7,62 cm) Touchscreen mit 3,8 x 6,3 cm Größe und einer Auflösung von 240 x 400 Pixel eingenommen. Außerdem verfügt das Gerät über eine Autofokus-Kamera mit 8 MP und einer Digitalzoom-Funktion. Eine im Navigationsgerät verbaute LED sorgen für eine Blitz- bzw. Taschenlampen-Funktion. Der Hauptunterschied zum Oregon® 650 liegt darin, dass beim 650t eine topografische Freizeitkarte von Europa im Maßstab 1:100.000 vorinstalliert ist, während die 650er Version ohne Kartenmaterial geliefert wird. Außerdem hat die t-Version mit 4,4 GB noch ein zusätzliches Gigabyte an Speicherkapazität.
Hier noch einmal alle Features im Überblick:
- ANT+ und Bluetooth Schnittstelle
- Vorinstallierte Freizeitkarte Europa mit plastischer Basiskarte
- Autofokus-Kamera mit 8 MP, Digitalzoom sowie Blitz/Taschenlampe
- 3-Achsen-Kompass und barometrischem Höhenmesser
- Duales Batteriesystem: 2 AA-Batterien oder inbegriffener, interner wiederaufladbarer NiMH-Akkupack
- Schnellere Satellitenerfassung durch GPS und GLONASS-Kompatibilität
Der erste Eindruck
Nachdem wir das GPS-Gerät aus seinem Karton befreit und zusammengebaut haben, testeten wir es zunächst auf die Handlichkeit und die Qualität der Verarbeitung. Beides war soweit überzeugend. Das Gerät liegt gut in der Hand und fühlt sich solide und robust an. Nicht wie die meisten Smartphones, bei denen man das Gefühl hat, dass die bereits brechen, wenn man sie zu hart anfasst. Wir haben es nicht direkt getestet, aber das Oregon® 650t wirkte, als würde es durchaus auch einem Sturz standhalten. Später sollte sich dann mehrfach herausstellen, dass wir mit dieser einschätzung richtig lagen. Nicht das wir das wirklich testen wollten, aber eine Weltreise zu Fuß ist für ein Navigationsgerät nun einmal kein Ponnyhof.
Die Verarbeitung insgesamt wirkte sehr sauber und hochwertig, was uns vor allem in Bezug auf die Wasserdichtigkeit wichtig war.
Der Deckel zum Batteriefach ist mit Dichtungen gegen eindringendes Wasser geschützt und die beiden Bedienungsknöpfe an den Seiten befinden sich unter einem Gummimantel und bieten somit auch keine Eindringmöglichkeit für Wasser.
Alles in allem wirkte das Garmin Oregon® 650t also wie ein Navigationssystem, das den Strapazen unserer Reise gewappnet war.
Display und Touchscreen
In den vergangenen Monaten waren wir nun in der Lage, das Display unter verschiedensten Bedingungen zu testen. Hilfreich ist, dass man eine Hintergrundbeleuchtung zu und abschalten kann, um sich den äußeren Bedingungen anzupassen. Leider wird die Beleuchtung in den meisten Fällen benötigt, um die Karte richtig erkennen zu können. Das geht natürlich etwas zu Lasten des Akkus.
Der Touchscreen hingegen hat uns sehr überzeugt und unsere Erwartungen bei weitem Übertroffen. Er funktioniert ähnlich gut wie bei einem Smartphone und uns lässt sich sogar mit dünnen Handschuhen noch einigermaßen gut bedienen.
Batterie und Akkulaufzeit
Das Garmin Oregon® 650t wird mit einem Akkupack geliefert, das aus zwei AA Ni-MH Akkus mit je 2.000 mAh besteht. Man kann es in einem Akkuladegerät oder auch direkt im GPS-Gerät über USB Laden. Letzteres dauert allerdings recht lange. Alternativ kann man aber auch alle anderen handelsüblichen AA Batterien und Akkus verwenden. Letzteres war für uns auf unserer Wanderung viele Male überlebensnotwendig, da wir mit nur einer Akkuladung nicht ausgekommen wären. Unter optimalbedingungen hält das Akkupad zwar rund 7 Stunden, doch wenn man aufgrund der hellen Sonneneinstrahlung das Display heller einstellen muss, sinkt die Dauer spürbar. Außerdem gab es durchaus einige Tage, an denen wir deutlich länger als 7 Stunden auf der Piste waren. Wir hatten daher immer Arsatzakkus dabei, die wir im Notfall tauschen konnten. Je nach Typ kamen wir damit dann sogar teilweise auf bis zu 10 Stunden Betriebszeit.
Um nicht im ungünstigsten Fall plötzlich ohne Strom und damit auch ohne Orientierung dazustehen, hatten wir stets ausreichend Akkus, dabei, die wir immer wieder neu aufladen konnten, und zusätzlich zwei Paar Batterien, von denen wir sicher waren, dass sie sich nicht selbst entladen konnten. Mit dieser Taktik kamen wir auch bei Marathon-Etappen oder an Tagen, an denen wir nicht an eine Stromquelle gelangen konnten.
Anschlüsse und Verbindungen
Zusätzlich zum internen Speicher kann man in das Garmin Oregon® 650t auch eine Mini-SD-Karte einlegen und so bis zu 32 GB mehr Kartenmaterialien und Tracks speichern. Für unseren Bedarf waren die 4,4 GB interner Speicher jedoch zunächst einmal ausreichend.
Für den Datenaustausch mit einem Computer gibt es zudem eine USB-Schnittstelle. Außerdem gibt es eine drahtlose ANT+ Schnittstelle, um mit anderen Garmin-Geräten sowie mit verschiedenen Sensoren, beispielsweise zur Messung der Herz- oder Trittfrequenz zu kommunizieren. Und schließlich gibt es noch eine Bluetoothschnittstelle, die aber leider nicht offen ist. Das bedeutet, man kann hier nicht einfach frei mit jedem anderen Bluetooth-Gerät in den Austausch treten, sondern nur mit anderen kompatiblen Garmin-Geräten, sowie mit Smartphones über die „BaseCamp Mobile“ App. Da es uns jedoch in erster Linie um die Navigation auf Wanderwegen und im freien Gelände ging, haben wir das nicht weiter getestet.
Die Bedienung
Wenn man das Garmin Oregon® 650t einschaltet, dauert es etwa zwanzig Sekunden, bis das System hochgefahren ist. Dann gelangt man als Erstes in ein Hauptmenü, da ähnlich aufgebaut ist, wie bei jedem Smartphone. Es kann individuell angepasst und eingerichtet werden. Besonders hilfreich dabei ist, dass man die Einstellungen verschiedenen Profilen zuordnen kann. Dadurch kann man das GPS-Gerät optimal auf verschiedene Situationen anpassen.
Beim ersten Start waren wir zunächst ein wenig erschlagen, weil es wirklich viele Menüpunkte gibt, und wir erst einmal herausfinden mussten, welche Funktionen sich dahinter verbergen. Hat man sich aber einmal zurechtgefunden, ist die Bedienung kein Problem mehr.
Auch hier unterscheidet sich das GPS-Gerät nicht wesentlich von einem Smartphone. Sogar Fingergesten wurden integriert und erlauben eine schnelle und präzise Arbeit mit der Karte.
Das GPS-System
Das Herzstück des Garmin Oregon® 650t ist natürlich seine GPS-Funktion. Diese kann bei Bedarf durch die Zuschaltung eines zweiten Satellitensystems, dem sogenannten GLONASS ergänzt werden. Dies kostet zwar wiederum mehr Akku, verbessert die Systemortung aber bedeutend. Vor allem in Wäldern und Städten mit engen Straßen ist und dies sehr positiv aufgefallen.
Die Ortung der Satelliten geht in der Regel relativ schnell und ist präzise. Man kann also gleich nach dem Einschalten mit der Navigation loslegen.
Das Kartenmaterial
Auf allen Garmin Geräten der Oregon®-Reihe ist eine globale Grundkarte vorinstalliert, die recht hilfreich ist, um sich einen groben Überblick zu verschaffen, wie die Welt insgesamt aufgebaut ist. Wir haben diese Karte vor allem dazu genutzt, uns über zukünftige Reisepläne Gedanken zu machen und grobe Entfernungen einzuschätzen. Alle Modelle, die mit einem "t" enden, haben zudem die Garmin Freizeitkarte Europa mit dabei, die deutlich mehr Details bietet und auch bereits eine Navigation ermöglicht. Um uns aber wirklich zurechtfinden zu können und vor allem auch um nicht einfach nur von A nach B zu kommen, sondern dabei schöne Wanderwege zu erwischen, haben wir uns jedoch immer für unsere Region eine passende Karte von OpenStreetMap heruntergeladen. Hier waren wir sehr begeistert darüber, wie gut die Karten zum größten Teil sind, die gerade für Garmin Geräte zum kostenlosen Download bereitgestellt werden. Hier geht es direkt zum entsprechenden Bereich auf OpenStreetMap.org
Zusätzliche Features
Neben der Navigations-Funktion bietet das Garmin Oregon® 650t wie bereits erwähnt auch eine Kamera und eine Taschenlampe, sowie einige weitere Funktionen. Diese sind im Allgemeinen nicht schlecht und hin und wieder auch ganz praktisch, aber in unseren Augen nicht unbedingt nötig. Die Qualität der Bilder, die man mit der Kamera machen kann, liegt im mittleren Bereich. Bei guter Belichtung ist es in Ordnung, aber sobald es etwas dunkler wird, hat sie bereits ordentlich zu kämpfen. Die Bilder, die man mit den meisten Smartphones machen kann, sind bereits besser und mit einer echten Kamera, kann sie natürlich nicht mithalten. Was aber sehr praktisch ist und was wir auch gerne genutzt haben, ist die Funktion, die Bilder direkt mit GPS-Koordinaten zu versehen und so später den genauen Standorten, an denen man war zuordnen zu können.
Dennoch haben wir das Garmin Oregon® 650t zu gut 90 % zu dem genutzt, wofür es ursprünglich entwickelt wurde und haben uns in Bereich der Fotos auf unsere Kameraausrüstung verlassen.
Die Taschenlampenfunktion haben wir hingegen ganz bewusst nahezu nie verwendet, aus dem einfachen Grund, dass sie recht viel Strom verbraucht, den man ja eigentlich für´s Navigieren sparen möchte. Wir hatten ohnehin ausreichend andere Lichtquellen dabei und selbst wenn nicht, war es uns noch immer lieber, eine weile wirklich im Dunkeln zu stehen, als später im übertragenen Sinne, weil wir uns in einer fremden Region verirrten und dann keinen Akku zum Navigieren mehr hatten.
Unser Fazit zum Garmin Oregon® 650t
Ausgehend von unseren Erfahrungen, die wir aus unserer Arbeit als Survivalexperten und Erlebnispädagogen früher im Rahmen von Seminaren, Freizeiten und Klassenfahrten mit GPS-Geräten zur Orientierung und zum Geo-Caching machen durften, hatten wir beim Testen des Garmin Oregon® 650t bereits eine recht gute Vergleichsgrundlage. Dennoch ließ sich ganz klar sagen, dass dies das beste Gerät war, das wir bis dato in den Händen gehalten haben. Auch nach nun einem knappen Jahr intensiver Dauerbenutzung leistet es seinen Dienst zuverlässig und präzise wie am ersten Tag. Und obwohl wir zugeben müssen, dass wir mitunter wirklich nicht pfleglich mit dem Gerät umgegangen sind, befindet es sich bis heute in einem guten Zustand. Es ist auch beim Einsatz im Platzregen in Portugal oder im Dauerregen in Nordspanien und Frankreich noch kein Tropfen Wasser ins Innere. Das Display weist lediglich ein paar kleine Kratzer von stürzen auf die Straße auf und das Gehäuse hat dementsprechend einige Macken abbekommen. Nur zum Vergleich: Unser Smartphone wurde in derselben Zeit einmal wegen eines Totalschadens getauscht und hat bereits wieder einen langen, dicken Riss im Display. Auch die trockene, sandige Luft in der Extremadura, die dazu geführt hat, dass meine Brillengläser nach einiger Zeit an Badezimmerfenster erinnerten, konnte dem stabilen Glas des Oregon® 650t nicht viel anhaben. Man kann also sagen, dass kleine Gerät ist eine zuverlässige Arbeitsmaschine, die allen Widrigkeiten trotzt. Was will man von einem Navigationsgerät mehr?