Bewusste Entscheidungen treffen

von Heiko Gärtner
17.02.2017 00:08 Uhr

Fortsetzung von Tag 1118:

Rein theoretisch wäre diese Information auch nicht ganz falsch, wenn wir noch immer mit unserem höchsten Selbst verbunden wären, das unserem unteren Selbst passende Datensätze liefern würde. Nehmen wir einmal an, wir liegen morgens im Bett und können uns nicht entscheiden, ob wir zur Arbeit gehen wollen oder nicht. Auf der einen Seite wissen wir, dass wir unsere Arbeit hassen, dass sie uns stresst und uns keinen Spaß macht. Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass es eine Menge Stress, Probleme und Unannehmlichkeiten verursacht, wenn wir einfach wegbleiben. Unser Chef wird sauer, wir müssen uns erklären, bekommen vielleicht eine Abmahnung und dergleichen mehr. Wir haben nun so eine Angst davor, zu entscheiden, was wir machen wollen, dass wir einfach überhaupt nichts tun. Damit überlassen wir die Entscheidung dem unteren Selbst. Das untere Selbst hat nun die Datensätze: „Warmes, gemütliches Bett“ und „Nervige, stressige Arbeit“ zur Verfügung und entscheidet sich daher für das Bett, das ihm mehr Freude verspricht. Wären wir nun noch immer mit unserem höchsten Selbst verbunden, könnte diese Entscheidung auch langfristig die bessere Sein. Unser Höheres Selbst wirft über unsere Intuition den Datensatz ein, dass die Arbeit ohnehin nicht zu unserem Lebensweg passt und wir eine andere brauchen, die uns bei der Liebesausdehnung hilft. In diesem Fall würde die Nichtentscheidung vielleicht dazu führen, dass unser unteres Selbst eine Kündigung erschafft und anschließend einen neuen Job, der uns weitaus mehr Freude bringt und außerdem unserer Lebensmission entspricht. Nur haben wir diese Verbindung nicht. Stattdessen haben wir Illusionsfilme vom Verwirrer, die uns in einer Leidvollen Welt gefangen halten. Es ist ein bisschen wie bei der Kindererziehung. Wenn man als Elternteil nicht eingreift, kann es sein, dass sich das Kind automatisch für das Entscheidet, was am Besten für es ist. Dies kann es aber nur dann, wenn es weiß, wie es das tun soll. Wächst es beispielsweise unter lauter Indianerkindern auf, bei denen es täglich beobachten kann, wie man selbst für sich und für den Klan sorgt, dann mag dieses Konzept funktionieren. Wächst es jedoch unter dem Einfluss von Drogenabhängigen auf und sieht jeden Tag Gewaltfilme und Werbebotschaften im Fernsehen, kann es sich nur entscheiden, diesen Vorbildern zu folgen. Es kann keinen Weg gehen, den es nicht kennt, da es die entsprechenden Daten nicht besitzt. In unserem Fall kann sich bei einer Nichtentscheidung des mittleren Selbst das untere Selbst also nicht für den Weg zum Gottbewusstsein entscheiden, da es diesen Weg nicht kennt. Es kann lediglich den Weg gehen, den es vom Verwirrer als Datensatz bekommen hat. Es sei denn, wir entscheiden uns ganz bewusst für einen anderen.

kirche malerei altar

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Wenn man wie ich nun noch einen Puppenspieler, also einen Besetzer hat, kommt ein weiterer Faktor hinzu. In diesem Fall haben wir auch über unser mittleres Selbst in vielen oder allen Fällen keine bewusste Kontrolle, da diese Kontrolle vom Puppenspieler übernommen wird. Der Puppenspieler entscheidet also, welche bewussten Entscheidungen, vom mittleren Selbst getroffen werden, nicht die betroffene Person selbst. Solange die Besetzung also besteht, ist man lediglich ein Zuschauer, ähnlich wie ein Kinobesucher, der in das Geschehen nicht selbst eingreifen kann. Löst man die Besetzung jedoch, übernimmt man damit zum ersten Mal selbst das Steuer, was jedoch leicht dazu führt, dass man noch mehr Angst vor Entscheidungen bekommt. Man hat bislang nie wirklich eine bewusste Entscheidung getroffen, sondern ist stets nur den Entscheidungen des Puppenspielers gefolgt. Es ist nun ein bisschen so, als wäre man immer Beifahrer in einem Auto gewesen und soll nun mit einem Mal das Steuer übernehmen.

Die Angst, die in einem aufkommt ist nun die, dass man als Fahrer den Wagen in einen Unfall lenken wird. Was soll ich tun? Wie soll ich reagieren? Welche Entscheidung ist richtig, welche ist falsch? Vor Angst, neigen wir nun wieder dazu, überhaupt nichts zu entscheiden, was uns natürlich unweigerlich in einen Unfall führen wird. Der Unterschied zwischen dem Leben als Beifahrer und dem als ungelernter Fahrer ist der, dass man zuvor machtlos war, nun aber eine Macht besitzt, mit der man noch nicht umgehen kann. Zuvor war es nicht schlimm, Angst vor Entscheidungen zu haben, da deren Konsequenzen ohnehin nur gespielt waren. Man hätte sich nicht entscheiden können, sondern hatte nur das Gefühl, dass man es konnte. Nun aber kann man es uns damit hat auch jede Entscheidung oder Nichtentscheidung eine direkte, spürbare Konsequenz. Wenn man sich weiterhin nicht entscheidet, wird nun der Drucknavigator mit hoher Geschwindigkeit immer größer und intensiver, bis man eine Entscheidung trifft. Denn unser unteres Selbst folgt nun direkt nur noch den eigenen Verwirrerfilmen in unserem Inneren.

Und genau hier stand ich nun. Ich hatte nun, zumindest teilweise, die Kontrolle über mein Leben, verhielt mich aber noch immer so, als hätte ich sie nicht. Dass ich dadurch noch 1000 Mal mehr gegen mein Herz verstieß, als eine ferngesteuerte Puppe es überhaupt tun konnte, lag auf der Hand. Plötzlich ergaben auch einige Ereignisse der letzten Tage wieder einen Sinn. Gleich am Abend nach dem Ritual hatte die Steckachse meines Wagens knapp zehn Zentimeter nach außen gestanden. Einfach so, ohne dass wir es uns erklären konnten. Ein paar Tage später wurde es dann noch stranger. Morgens beim Einpacken war noch alles in bester Ordnung gewesen, aber als wir unsere Schlafutensilien am Nachmittag auspackten, waren sie an mehreren Stellen mit Spiritus vollgesogen. Unsere Spiritusflasche befand sich im gleichen Packsack, war aber noch immer fest verschlossen und zudem in eine Tüte eingepackt. Weder die Tüte selbst, noch der große Packsack, noch die Außenhülle des Schlafsacks waren irgendwie mit Spiritus in Kontakt gekommen. Auch Heikos Schlafsack hatte nichts abbekommen, obwohl dieser näher an der Öffnung war, durch die evtl. etwas hätte eindringen können. Nur mein Schlafsack und mein Kissen waren betroffen und von dort aus breitete es sich noch ein bisschen weiter aus, bis wir es bemerkten. In der Flasche war tatsächlich weniger von unserem Brennstoff enthalten, als es noch am Vortag der Fall gewesen war. Wie also war der Spiritus aus der Flasche in die Textilien gelangt, ohne dazwischen Spuren hinterlassen zu haben? Es war mir bereits einmal passiert, dass die Flasche nicht richtig verschlossen war und auch damals waren die Schlaftextilien betroffen gewesen. Doch nur in einem sehr geringen Ausmaß, während sich der Großteil des Brennstoffs in der Tüte und an der Außenseite der Flasche befand. Es stand also fest, dass es auch die gleiche Weise nicht passiert sein konnte. Was aber war passiert? Logisch oder physikalisch zusammenhängend war es nicht erklärbar und doch war es passiert. Irgendwie hatte ich es geschafft, diese Pannen an der Realität vorbei zu erschaffen. Als mir das bewusst wurde, erschrak ich zunächst ein bisschen. Ich kam mir vor, wie Harry Potter, der merkte, dass er irgendeinen Einfluss auf seine Umwelt hatte, jedoch nicht wusste, dass er ein Zauberer war und daher auch keine Ahnung hatte, was er wie tat und warum. Bislang hatte ich mich vor allem in der physischen Welt oft dämlich angestellt und damit Situationen schwieriger oder Dinge kaputt gemacht. Jetzt tat ich es anscheinend auch noch auf der Energetischen und zerstörte so etwas, ohne dass ich überhaupt eine Handlung dafür ausführen musste. Das kam mir im höchsten Maße unheimlich vor. Andererseits zeigte es natürlich auch, dass hier ein bisher ungeahntes Potential steckte. Wenn ich es schaffte unbewusst Spiritus aus einer geschlossenen Flasche direkt in einen Schlafsack zu transportieren, ohne dass er dabei sonst etwas berührte, dann konnte ich bewusst vielleicht auch noch ganz andere, positive Dinge erschaffen und verändern.

Die Frage war nur: Wie? Wie treffe ich überhaupt eine bewusste Entscheidung, um meine Welt um mich herum zu gestalten? Bislang hatte ich das ganz offensichtlich noch nie gemacht und alles, was ich für eine bewusste Entscheidung hielt, war offenbar ebenfalls nur eine unbewusste Reaktion auf meine Umwelt. Wie also treffe ich eine bewusste Entscheidung?

Um eine echte, bewusste Entscheidung treffen zu können, muss man zunächst einmal wissen, was eine bewusste Entscheidung überhaupt ist. Denn dass, was wir für gewöhnlich für eine Entscheidung halten, ist lediglich eine Wahl, zwischen Dingen, die bereits entschieden sind. Auf den ersten Blick mag das gleich erscheinen, aber der Unterschied ist in etwa so groß, wie der zwischen einem Referat und einem Multiple-Chois-Test. Bei einer Wahl wählen wir also lediglich aus bereits vorgegebenen Möglichkeiten aus, die bereits erschaffen wurden. Wir erschaffen also nichts, sondern wandern lediglich im bereits Erschaffenen umher. Es ist ein bisschen, wie bei einem Labyrinth in einem Kreuzworträtselheft. Es sind bereits alle Vorgaben getroffen, also alle Entscheidungen gefallen. Man wählt nur noch aus, welchem Gang man folgt, welcher Möglichkeit man also nachgeht. Die eigentliche Entscheidung findet aber weitaus früher statt, nämlich in dem Moment in dem jemand im Verlag des Rätselheftes ganz bewusst dieses Labyrinth erschafft. Die Instanz, die nach dem Kriterium „Glücksversprechend“ einen von mehreren Datensätzen auswählt ist aber unser unteres Selbst, nicht unser mittleres Selbst. So lange wir also glauben, dass unsere bewusste Entscheidungen in der Wahl zweier oder mehrerer Dinge bzw. Wege bestehen, entscheiden wir überhaupt nichts. Wir versuchen lediglich mit dem mittleren Selbst, also dem Verstandes-Ich oder dem Alltags-Ich das zu tun, was eigentlich die Aufgabe des unteren Selbst wäre. Nur dass wir von der Verstandesebene unseres mittleren Selbst nicht die Mittel zur Verfügung haben, die unser unteres Selbst besitzt um eine solche Wahl instinktiv und zielführend zu treffen. Bewusst entscheiden bedeutet, dass man für das untere Selbst ganz bewusst einen Datensatz erstellt, der so aufgebaut ist, dass das untere Selbst ihn auch wirklich annehmen kann. Bewusst entscheiden bedeutet also, einen klaren, plastischen Fokus zu setzen und damit im Geist das zu erschaffen, was man in der Außenwelt erreichen will. In dem Moment, in dem man es fühlen, sehen und erfahren kann, als wäre es bereits da, stellt es für unser unteres Selbst eine annehmbare Information da, die in sein Auswahlspektrum mit einfließt. Die Filme, die unser Verwirrer erschafft, fühlen sich für uns an, als wären sie real und als hätten wir sie bereits erlebt. Dadurch nimmt unser unteres Selbst sie als Datensatz für seine Auswahl an ohne zu zögern. Um bewusst einen eigenen, zielführenden Datensatz zu erstellen, muss dieser also genauso plastisch und real für uns wirken, wie die Illusion des Verwirrers. Wenn uns dies gelingt, kann unser unteres Selbst nun zwischen dem Datensatz des Verwirrers und unserem neuen, bewusst erschaffenen auswählen. Wenn es uns nun auch noch gelingt, unseren neuen, bewusst erschaffenen Datensatz mit einem positiven, glücksbringenden Gefühl zu verknüpfen, dann wird sich unser unteres Selbst dafür entscheiden und es erschaffen. Natürlich kann es nun noch immer passieren, dass auch unsere bewusst erschaffene Visionierung nicht zielführend für unseren Lebensweg ist. In diesem Fall bekommen wir dann im Anschluss von unserem höchsten Selbst wieder einen Drucknavigator, doch dieses Mal können wir mit einer neuen bewussten Entscheidung darauf reagieren und so aktiv dem Druck folgen, so dass wir uns unserem Lebensziel der Liebesausdehnung immer weiter annähern. Zum ersten Mal wurde mir nun also klar, dass ich mich nicht dann bewusst für etwas entschied, wenn ich beim Bäcker zwischen einem Baguette und einem Pizzastück auswählte, sondern wenn ich einen klaren Fokus entwickelte, dass wir heute eine ordentliche Pizza zum essen bekommen würden. Wenn dieser Fokus klar und überzeugend genug war und wenn er außerdem mit einem positiven Gefühl verbunden war, dann würde genau das eintreten. In der Realsituation konnte ich dann noch wählen, ob ich die Pizza tatsächlich annehmen wollte, oder ob mir die Brotzeit nun besser gefiel. Da ich in der Regel jedoch überhaupt keinen Fokus hatte und einfach nur das geschehen ließ, was geschehen wollte, entstanden die Dinge automatisch. Weil mein unteres Selbst aber eine klare Vorstellung von meinem Verwirrer bekam, waren die Situationen in der Regel nicht zielführend, sondern eher ablenkend. In mir steckte noch immer die tiefste Überzeugung, dass die Welt gemein zu mir war, dass mich niemand mochte und ich immer gegen Schwierigkeiten ankämpfen musste. Traf ich selbst also keine bewusste Entscheidung, dass ich Situationen anziehen wollte, die einem Gegenbild, also einer freundlichen, reichen und liebevollen Welt entsprachen, musste mein unteres Selbst automatisch die Datenvorlage des Verwirrers annehmen. Selbst wenn diese so gut wie keine Freude brachten, bestand das „Glücksgefühl“ am Ende immer noch darin, sagen zu können „Siehst du, ich hatte mal wieder Recht, die Welt ist scheiße!“ Ohne eine bewusste, glücksversprechende Alternative muss unser unteres Selbst das erschaffen, was das kleinste Übel und die größtmögliche Freude unter den Auswahlmöglichkeiten des Verwirrers ist. Das „Ich hatte also Recht!“ Gefühl, dass wir mit einer Art grimmigen Freude verbinden reicht ist da meist der ausschlaggebende Punkt.

 

So gesehen wurde mir nun auch klar, dass ich meinen Puppenspieler in Form meiner Mutter zu Unrecht verurteilt hatte. Klar hatte sie mich davon abgehalten, wirklich positive Entscheidungen zu treffen und ins Leben zu kommen. Doch das was ich mir selbst durch meinen eigenen Verwirrer antat war noch einmal deutlich härter. Es wurde also höchste Zeit, das Ruder herumzureißen und bewusst etwas zu verändern. Am Abend erschuf ich zum ersten Mal in meinem Geist eine plastische Vision davon, was als nächstes passieren sollte. Ich fing relativ klein an und bezog mich dabei vor allem unseren Schlafplatz. Dazu stellte ich mir ein großes Privathaus vor, in dem wir freundlich aufgenommen wurden, in dem wir nach der langen Zeit endlich mal wieder eine Waschmaschine hatten, die wir nutzen durften, in dem es angenehm warm war, in dem wir einen Internetzugang und jeder ein Zimmer für sich hatten und in dem wir trotz des Kontaktes zu den Gastgebern genügend Zeit zum Arbeiten hatten. Und tatsächlich. Heute bekamen wir genau so einen Platz. Die Sache mit der freien Zeit funktionierte nicht ganz so gut wie gedacht, denn irgendwie geht trotzdem immer eine Menge Zeit dabei drauf, wenn man nette Menschen trifft, mit denen man sich gut unterhalten kann. Aber abgesehen davon passte einfach alles. Wir konnten waschen, das Internet nutzen uns duschen und aufwärmen. Und vor allem: der Platz lag direkt an unserem Weg und wir bekamen ihn relativ schnell und einfach, was gut war, da es regnete und außerdem noch äußerst kalt war.

Spruch des Tages: Niemand weiß, was er kann, bis er es probiert hat. (Publius Syrus, römischer Mimen-Author, 1. Jhd v. Chr.)

Höhenmeter: 360 m Tagesetappe: 13 km Gesamtstrecke: 20.463,27 km Wetter: Dauerregen Etappenziel: Büro des Bürgermeisters, 11420 Molandier, Frankreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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