Tag 1145: Raclette-Käse für den Müll

von Heiko Gärtner
12.03.2017 01:41 Uhr

18.02.2017

Unser Aufenthalt am Meer war nicht von langer Dauer. Heute kehrten wir ihm bereits wieder den Rücken zu und wanderten zurück durch die Wälder in Richtung Inland. Da Samstag war rechneten wir schon damit, dass die Schlafplatzsuche noch schwerer werden würde als gestern. Doch wir hatten Glück.

Als wir unsere Zielortschaft erreichten war gerade eine Beerdigung beendet worden und wir trafen auf den Pfarrer, der uns sofort und freundlich einen Platz zur Verfügung stellte. Außerdem war gerade Markt-Tag und so konnten wir gleich auch noch reichlich zu Essen abstauben. Von einem Obst- und Gemüsehändler bekamen wir gleich eine ganze Kiste mit frischem Gemüse und ein Käsestand schenkte uns vier ordentliche Ranken Raclette-Käse. So erfreulich das für uns war, so traurig war auch die Geschichte, der wir die Gabe verdankten. Das beim Gemüsestand nach so einem Markt genug Essen für ein ganzes Bataillon weggeworfen wird, war uns ja bereits bewusst und es schockierte uns nicht mehr allzu sehr. Beim Käse war es jedoch etwas anderes. Kein Mensch isst Raclette-Käse. Man braucht ihn nur, wie der Name schon sagt, als Scheiben, die man auf seine Pfännchen beim Raclette legt. Dazu müssen die Scheiben aber eine Größe haben, die zu den Pfännchen passt. Zu kleine Scheiben oder gar Stücke kauft niemand. Damit der Käse jedoch seinen gewohnten Geschmack bekommt und richtig reifen kann, wird es in einer runden Form hergestellt, wie man es auch aus der Antje-Werbung kennt. Das bedeutet, dass knapp ein viertel von jedem Raclette-Käse einfach weggeworfen wird. Nicht weil er schlecht wäre, sondern einfach nur, weil er keine pfännchen-optimale Form mehr hat. Und wir sprechen hier nicht von einem billigen Formkäse, sondern von einem teuren, edlen Spezialkäse mit langer Tradition. Ist das nicht wirklich traurig?

19.02.2017

Langsam fangen die immer gleichen, immer geraden immer endlosen Wege durch die Pinienwälder an, uns mürbe zu machen. Die Strecken, die wir zurücklegen sind im Grunde nicht weiter als üblich, aber sie kommen einem zehn mal so lang vor, weil einfach nichts passiert. Jede noch so kleine Kurve im Weg wird zu einem absoluten Highlight. Heute kam die erste Kurve nach 11km und auf den weiter folgenden 14km gab es drei weitere. Dann erreichten wir ein kleines Dorf, in dem wir einen Platz im Veranstaltungssaal bekamen. Es gibt Licht und Wasser, leider aber keine Heizung und langsam zieht die Kälte von außen herein.

Spruch des Tages: So viel gutes Essen landet einfach im Müll

Höhenmeter: 20 m Tagesetappe: 15 km Gesamtstrecke: 20.964,27 km Wetter: sonnig, sommerlich und warm Etappenziel: Gemeindesaal der Kirche, 33950 Lege-Cap-Ferret, Frankreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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