Tag 1151: Kleine Operationen

von Heiko Gärtner
19.03.2017 17:07 Uhr

26.02.2017

Bereits beim Aufwachen spürte Heiko, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas am Klang der Dinge war heute anders als es sein sollte. Es dauerte nur Sekunden bis er es zuordnen konnte. Seine Ohren hatten mal wieder einen Hinweis für ihn parat und sie hatten sich dafür wie üblich für einen Weg entschieden, der Heiko zunächst einmal in eine innere Panik versetzte. Jedes gesprochene Wort, jedes vorbeifahrende Auto und sogar die Klospülung erzeugten in seinem Kopf einen Überschall oder eine Art Nachhall, der ihn kirre machte. Sofort tauchten wieder die bekannten Fragen und Ängste auf. Was ist, wenn das nun so bleibt? Ich kann es bereits jetzt kaum ertragen, wie könnte ich jemals damit leben?

Auf den ersten Kilometern war es besonders schlimm. Dann wurde es etwas besser und zumindest leise Stimmen in einem normalen Gespräch wurden wieder erträglich. Laute Stimmen hingegen waren noch immer die Hölle für ihn, genau wie das Motorenbrummen der Autos, das Wasserrauschen der Klospülung und... Moment! Kein „Und“! Das war's. Alle anderen Geräusche waren normal. Ein vorbeifahrender LKW löste nichts aus, vom üblichen Unbehagen natürlich abgesehen. Auch Kirchenglocken, bellende Hunde und ähnliches hatten keine besonderen, negativen Auswirkungen. Wie konnte das sein? Rein physikalisch betrachtet war das unmöglich, denn entweder reagierten die Ohren auf einen Klang mit der Erzeugung einer Überschalls oder nicht. Vielleicht war es noch denkbar, dass dies bei einigen Frequenzen passierte und bei anderen nicht, aber da erklärte auch nicht, warum so verwandte Geräusche wie PKW- und LKW-Motoren so unterschiedliche Auswirkungen hatten, während die Klospülung und Stimmen, egal ob hoch oder tief, das gleiche bewirkten. Stück für Stück kamen wir schließlich darauf, dass die aktuelle Situation mit einem alten Konfliktsystem verbunden war, das Heiko schon einige Male im Zusammenhang mit dem Tinnitus oder anderen Ohrgeräuschen aufgefallen war.

Es war die Situation gewesen, in der der Tinnitus zum ersten Mal aufgetaucht war. Damals hatte er noch bei der Allianz gearbeitet und war gerade bei einem Kundentermin, den er als unangenehm empfand. Es war nicht der Termin selbst, sondern viel mehr die gesamte Lebenssituation in der er sich befand, sowie die Entscheidung, ob er nun Zivildienst machen, oder sich ausmustern lassen sollte, um weiterhin im elterlichen Betrieb tätig sein zu können. Am liebsten hätte er die Situation einfach verlassen, doch das konnte er damals nicht. Stattdessen hielt er sie aus und ließ die Stimmen auf sich einprasseln, die er als Störgeräusche empfand und die er nicht loswerden konnte. Dies war der Moment, in dem die Ohren zum ersten Mal zu pfeifen begannen. So als wollten sie ihn aus der Situation hinaus treiben. Und tatsächlich waren es genau die drei Geräusche, die ihm von Damals noch immer als besonders störend präsent geblieben sind. Die Stimmen, der Lärm der Autos bei der Heimfahrt und die Klospülung. Warum die Klospülung? In den nächsten Tagen zog er sich weitgehend in seine Wohnung zurück, wo er sich eine Oase der Stille erschuf, so dass keine unangenehmen Geräusche mehr auf ihn einprasseln konnten. Das einzige Störgeräusch, das er nicht aussperren und nicht verhindern konnte, war die Klospülung gewesen und diese hatte sich dadurch tief in sein Bewusstsein eingebrannt. Doch was hatte das alles mit heute zu tun?

Darauf zu kommen dauerte etwas länger, denn auf den ersten Blick hatte es weder einen erkennbaren Auslöser gegeben, noch hatte Heiko zuvor einen Heilungsschritt durchlaufen, der diese alte Phase noch einmal wieder aufflammen ließ. Tatsächlich war der Überschall im Kopf viel mehr eine Aufforderung, also eine Art Druckgeber, der ihn drängen sollte, den nächsten Heilungsschritt einzuleiten. Einige Tage zuvor hatten wir festgestellt, dass Heiko an mehreren Stellen am Körper kleine Hautwucherungen hatte, die auf der energetischen Ebene die Ankerpunkte für Kordeln waren, durch die er in einigen Bereichen festgehalten wurde. Eine dieser Kordeln hatten wir daraufhin gelöst, in dem ich in einer kleinen OP eine der Wucherungen entfernt hatte. Es war eine Stelle am Arm gewesen, der daraufhin für zwei Tage geschmerzt hatte, als hätte man einen Nagel hindurch getrieben. Dann war der Schmerz vorbei und die Hautstelle verheilte ohne einen Rückstand. Wir hatten daraufhin ausgetestet, ob wir die Prozedur an anderen Stellen wiederholen sollten und waren zu einem positiven Ergebnis gekommen. Die nächste Stelle sollte ein Punkt an seinem Hintern sein. Ja, ich weiß das klingt komisch und es war tatsächlich eine etwas seltsame Situation, aber was getan werden muss, muss eben getan werden. Und so wie es aussah, war der Zeitpunkt für diesen kleinen Schnitt heute gekommen. Wir desinfizierten unser professionelles OP-Besteck im Form unseres Victorinox-Multitools, zogen uns ins Badezimmer unserer Unterkunft zurück und führten dann drei kleine Schnitte durch, die von Heikos Seite jedes Mal mit einem Sprung nach vorne kommentiert wurden. Dann war es vorbei und kurze Zeit später waren auch die Klänge für Heiko wieder ganz normal.

Spruch des Tages: Ein kleiner Schnitt mit großer Wirkung

Höhenmeter: 130 m Tagesetappe: 25 km Gesamtstrecke: 21.108,27 km Wetter: bewölkt, kalt und regnerisch Etappenziel: Veranstaltungssaal, 17800 Échebrune, Frankreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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