Tag 1282: Weiter, immer weiter...
02.07.2017
Die Pannines lagen nun endgültig hinter uns und wir gerieten in ein recht abstraktes, unübersichtliches Gebiet, in dem es mir nicht gelang, ein klares Ziel zum Ankommen festzulegen. Meine Karte bot keine Informationen mehr an und so blieb uns nichts anderes, als weiter zu ziehen, bis wir einen Platz entdeckten. Die Zeit verflog und noch immer hatten wir nicht einmal eine Idee, wohin es uns verschlagen könnte. Ich spürte, wie die Gelassenheit aus mir wich und ich begann, eine Lösung erzwingen zu wollen. An einer Kreuzung kam dann alles zusammen. Wir gerieten mitten in Fahrradrennen, das von einer ganzen Reihe an Fahrzeugen begleitet wurde, die genau aus der Straße kamen, in die wir eigentlich einbiegen wollten. Obwohl ich die Zusammenhänge erkannte, war meine Unsicherheit doch so groß, dass ich fürchtete, auf dieser Straße herrsche immer so ein Verkehr. Das wollte ich den anderen nicht antun. Gleichzeitig erzählte uns eine Frau, die als Streckenposten für die Radfahrer abgestellt worden war, dass es im nahegelegenen Ort, also einen knappen Kilometer in die entgegengesetzte Richtung, einen städtischen Gemeindesaal gab. Sofort schaltete mein Verstand auf „Haben-Will!“, wodurch ich blind für alle Hinweise und Zeichen wurde. Nicht einmal meiner eigenen Intuition, die mir durch den Muskeltest bestätigte, dass es reine Zeitverschwendung war, nach der Gemeindehalle zu suchen, wollte ich nicht mehr trauen. So legten wir den Kilometer zurück und ich verbrachte eine knappe Dreiviertelstunde damit, sinnlos durch den Ort zu laufen, ohne auch nur jemanden ausfindig zu machen, der für die Halle zuständig war. Mein Verlangen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, anstatt darauf zu vertrauen, dass ohnehin das kam, was kommen sollte, führte also nur dazu, dass ich meine Befürchtung selbst erfüllte. Es wurde später und später und zum Tätowieren blieb immer weniger Zeit.
Und wie um noch einmal zu bestätigen, dass es sich nicht lohnte, seine Intuition austricksen zu wollen, blieb uns die nächste Kirche auf unserem Weg ebenfalls verschlossen. Man hatte sie vor Jahren in ein Privathaus umgebaut, das nun zwar ebenfalls wieder leer stand, der Öffentlichkeit aber gänzlich verschlossen blieb. Wenn ihr mich fragt, eine ziemliche Frechheit, dass dies hier möglich ist.
Kurz darauf begann es zu regnen, um den Fehler mit dem Nichtvertrauen noch einmal deutlicher zu machen. Ohne den Umweg und die Zeitverschwendung durch die Fragerei am falschen Ort, hätten wir es trocken bis ins nächste Dorf geschafft. So bekamen wir jedoch einen ordentlichen Schauer ab.
Letztlich wendete sich dann aber doch alles zum Guten und wir bekamen eine kleine Kirche auf einem Hügel, sowie ausreichend Nahrung für das Abendessen. Ich selbst hatte bis zum Abendessen einen Fastentag eingehalten, so dass dies nun meine erste Mahlzeit des Tages wurde.
Tagebuch des Tattoo-Rituals: Tag 7
Höhenmeter: 160 m
Tagesetappe: 15 km
Gesamtstrecke: 23.574,27 km
Wetter: Sonne, Wolken, Regen, Sturm
Etappenziel: Kirche, Auchindarroch, Schottland