Tag 1379 bis 1380: Dinner der Spitzenklasse

von Heiko Gärtner
13.03.2018 08:03 Uhr

22.09.2017

Langsam werden wir wieder schneller, wenn es darum geht, zu entscheiden, was wir wollen und was nicht. Von einem Pensionierten Pfarrer bekamen wir eine Obdachlosenunterkunft angeboten, die gewissermaßen auf der Hauptstraße lag. Sie befand sich an einer Kreuzung, an der von allen Seiten LKWs auf einander einschossen und sie hatte hauchdünne, Einglasfenster und eine Tür, die man nicht mehr richtig schließen konnte. Der Pfarrer selbst war erschrocken, als er diesen Raum sah. Er hatte, soweit wir es verstanden haben, beim Rathaus nach einer Lösung für uns gefragt, da er selbst keine Räume mehr hatte. Schon während seiner Amtszeit hatte ihm die Stadt die Verfügbarkeit der Kommunionsräume gestrichen und nun da er im Altenheim lebte, hatte er nicht einmal mehr ein Pfarrhaus im Angebot. Dennoch hatte er sich aufgemacht, um eine Lösung für uns zu finden und war vom Rathaus mit diesem Verlies abgespeißt worden. Eine harte Nummer für den armen Kerl, denn er wollte wirklich helfen und konnte und nichts anderes anbieten. Auch er fühlte sich hier nicht wohl, aber dass wir sein Angebot ablehnten verstand er trotzdem nicht.

Düstere Kirche

Düstere Kirche

„Wieso? Ihr habt doch nichts, wohin ihr sonst gehen könnt?“ fragte er verwirrt.

„Stimmt“, antwortete Heiko, „Aber wir werden schon etwas finden, machen Sie sich keine Sorgen!“

Ich fürchte, das mit dem keine Sorgen machen, klappte nicht ganz, denn er schaute ziemlich nachdenklich, als wir uns verabschiedeten.

Doch es gab tatsächlich keinen Grund dafür. Acht Kilometer weiter bekamen wir ein Zimmer in einem Logis Hotel. Dieses Mal führte unser Zimmer zum Hof hinaus, hatte anständige Fenster und sah auch bedeutend schnuckeliger aus, als die Obdachlosenunterkunft. Alles in allem also ein super Schlafplatz, den wir auch anderen Reisenden empfehlen können, die es in diese Gegend verschlägt. Dabei können wir übrigens auch empfehlen, euch einmal in diese Gegend verschlagen zu lassen. Sie ist nämlich durchaus sehenswert. Nicht unbedingt spektakulär, aber es gibt weite Wälder und einige sehr schöne Schlösser und Chateaus.

Kathedrale

Kathedrale

Neben unserem Zimmer bekamen wir dieses Mal sogar auch eine Essenseinladung in das Restaurant. Dennoch drehte ich eine kleine Runde durch den Ort, um ein paar Snacks für den Abend einzusammeln. Dabei stieß ich auf ein Behindertenwohnheim, in dem ich gleich ganz freudig von den Bewohnern begrüßt wurde. Es waren viele Bewohner mit Down-Syndrom sowie einige Autisten dabei, die ihre ganz eigene Sicht auf die Welt hatten. Es tat gut sie zu sehen, denn sie zeigten mir noch einmal, wie frohmütig man sein kann, auch wenn man ganze LKW-Ladungen an Lebensthemen auf seinen Schultern trägt und nicht wie ich nur eine Feder.

Das Logis-Hotel ist unsere heutige Übernachtungsstätte

Das Logis-Hotel ist unsere heutige Übernachtungsstätte

Nachtrag:

Um es in einfachen Worten auf einen Punkt zu bringen: Das Abendessen war der Hammer! Das Hotel hier in La-Breille-les-Pins ist nicht schlecht, aber verglichen mit seiner eigenen Hotelküche ist es kaum erwähnenswert. Der Koch, der übrigens der selbe Mann war, der uns unseren Aufenthalt hier überhaupt ermöglichte, war ein Künstler, was die französische Küche anbelangt und dies gleich in doppelter Hinsicht. Jeder Gang war sowohl ein Kunstwerk für die Augen, als auch für den Gaumen. Mit einem Mal verstanden wir wieder, warum die französische Küche Weltkulturerbe ist. Nach den vielen eher mäßigen Erfahrungen hatten wir dies schon fast nicht mehr glauben können, doch es ist bei weitem nicht so, dass sie es nicht verdient hat. Es stirbt nur leider aus und es gibt heute kaum noch jemanden, der diese Kunst beherrscht. Aber hier haben wir definitiv jemanden gefunden!

Ein Gang unseres köstlichen Abendessens.

Ein Gang unseres köstlichen Abendessens.

Lektionen des Tages:

-      Wenn sich eine Situation nicht gut anfühlt, dann ist sie es auch nicht! Verlasse sie, schau nicht zurück und denke keine Sekunde mehr darüber nach. Es kommt etwas besseres!

-      Jedes Wesen, dem du begegnest ist ein Mentor, von dem du viel lernen kannst, vor allem, wenn du es nicht erwartest.

-      Fröhlichkeit und Lebensfreude sind Geschenke.

Ein außergewähnlich guter Salat.

Ein außergewähnlich guter Salat.

Höhenmeter 190m / 280m

Tagesetappe:  13km + 18km

Gesamtstrecke: 25.978,27km

Wetter: herbstlich, regnerisch, kalt

Etappenziel 1: Kloster Abbatiale Sainte-Marie, südlich von Saint-Léger-Vauban, Frankreich

Etappenziel 2: Gemeinderaum der Stadt, Courcelles-Frémoy, Frankreich

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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