Tag 733: Heidi, Heidi!

von Heiko Gärtner
05.01.2016 23:42 Uhr

Nach dem kurzen Zwischenbericht über Silvester, berichten wir nun wieder in chronologischer Reihenfolge. Dieser Tagesbericht, knüpft also direkt an den von Tag 730 an.

Weil unsere Wohnung zu klein war, hatten wir unsere Wagen im Treppenhaus von Don Michele untergestellt. Nach dem Morgengottesdienst würden wir ihn entweder zu hause oder in der Kirche antreffen. Natürlich trafen wir ihn in der Kirche, denn dort waren einfach zu viele Menschen, die etwas von ihm wollten. Außerdem war heute Kirchengroßputz angesagt. Die halbe Gemeinde wischte und wienerte im Kirchenschiff umher während einige Männer mit einem riesigen Reinigungsgerät durch die Gänge fuhren. Das Gerät verursachte einen Höllenlärm, was irgendwie ironisch war, an einem Ort der himmlischen Stille. Heiko wartete vor der Tür und ich huschte an der Putzkolonne vorbei in die Sakristei. Hier stand Don Michele umringt von einigen Frauen, die auf ihn einredeten, während er versuchte, ein weiteres Putzgerät zum Laufen zu bringen. Als er mich sah, stoppte er die versuche und beauftragte die Frauen, ein Frühstück für uns zu besorgen.

„Wo ist Heiko?“ fragte er dann.

„Er wartet vor der Tür, weil es hier drinnen etwas zu laut für ihn ist“, antwortete ich. Eigentlich hätte ich erwartet, dass der Pfarrer nun mit uns nach draußen kommen würde, doch stattdessen ging er in die Kirche, zog den Stecker für den großen Bodenreiniger aus der Wand und wandte sich an die irritiert dreinschauende Putzkolonne: „Macht einen Moment Pause! Ich habe Gäste und wir brauchen ein bisschen Ruhe!“

Damit war alles geklärt. Jeder stellte sich in Warteposition, ich holte Heiko und wir unterhielten uns eine knappe halbe Stunde weiter, während alle anderen um uns herumstanden. Erst dann kehrten wir in die Wohnung des Pfarrers zurück, wo nun bereits das Frühstück auf uns wartete.

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Den Rest des Vormittages verbrachten wir mit einem weiteren Therapiegespräch für die Schmerzen des Pfarrers, so dass wir erst nach 11:00Uhr aufbrachen. Der Weg führte uns über eine extrem steile Straße hinunter ins Tal. Erst hier konnte man erkennen, dass die Berge nicht aus Stein oder Fels, sondern aus Sand bestanden. Die ganze Stadt oben auf dem Gipfel war auf Sand gebaut worden. Links und rechts von uns fielen die steilen Hänge wie Klippen aus Sand in Tal hinab. An mehreren Stellen hatte das Wasser tiefe Schluchten hineingerissen. So eine einzigartige und faszinierende Landschaft hatten wir erst selten zu Gesicht bekommen. Und genau jetzt hatten wir keine Kamera dabei! Der kleine Fotoapparat war noch immer in der Reparatur und den großen hatten wir zum Tausch zurück an Cannon geschickt, als wir das große Paket aufgegeben hatten. Es blieben uns also nur noch unsere Handykamera und die kleine GoPro. Doch der GoPro war nun auch noch der Saft ausgegangen und wir hatten vergessen, sie aufzuladen. Wiederwillig lichtete Heiko die Landschaft daher mit unserem Smartphone ab.

„Arg!“ machte er dabei und fügte hinzu: „Normalerweise mache ich mich ja immer über die Menschen lustig, die alles mit ihrem Handy fotografieren und jetzt bin ich gezwungen, das gleiche zu machen! Das ist doch keine Fotografie! Das ist Banauserei!“

Dennoch ging uns der Stoff zum Lustig machen nicht aus, denn wenige Meter weiter trafen wir auf ein junges Pärchen. Sie stammten aus Sizilien, waren zum Urlaub machen hier und baten uns, ein Portrait-Foto von ihnen zu machen. Natürlich gaben sie uns dafür keine Kamera, sondern ebenfalls ein Handy. Dann stellten sie sich vor eine kleine, unscheinbare Kapelle, ließen sich ablichten, bedankten sich und fuhren mit dem Auto wieder zurück in die Stadt. Die einzigartigen Sandfelsen hatten sie nicht einmal angeschaut, geschweige denn Fotografiert. Vielleicht war dies der einzige Ort auf der ganzen Welt, an dem solche Formationen existierten, doch was machten die Touristen? Sie schauten sich eine langweilige, kleine Kapelle an, die nicht einmal ein richtiges Kreuz auf dem Dach hatte.

Vor uns lagen nun 26km Wegstrecke und es war bereits mitten am Tag. Auch unsere Zielstadt lag wieder einmal oben auf einem Berg und wir waren mächtig aus der Puste, als wir die ersten Häuser endlich erreichten. Auch hier gab es wieder ein Tal, das im letzten Moment vor der Stadt auftauchte und den finalen Aufstieg noch einmal richtig wirkungsvoll machte. Da in solchen Momenten auch der passende Soundtrack nicht fehlen darf, hatte man im Tal ein kleines Elektrokraftwerk aufgestellt, das zu einem Klärwerk gehörte. Was dieses Kraftwerk machte und was es mit dem Klärwerk zu tun hatte, weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass es einen schrillen Pfeifton ausstieß, der durch Mark und Bein drang und der das komplette Tal erfüllte. Italien war voller unangenehmer Geräusche, das waren wir ja schon gewohnt. Doch dieses zählte nicht zu den Tönen, die man als nervig oder lästig bezeichnen konnte. Ein Freischneider, der klang wie ein startender Düsenjet war nervig. Ein Düsenjet der über einem ein Manöver flog und dabei trotz seiner enormen Höhe noch immer so laut war wie viele Freischneider war lästig. Dieses Geräusch mit seinem schrillen, durchdringenden und konstant gleichbleibenden Ton, der niemals verstummte, egal ob Tag oder Nacht, war unerträglich. Es machte das komplette Tal unbewohnbar und es war bis oben in die Stadt zu hören. Was gab einem Menschen das Recht, so etwas zu konstruieren und dann auch noch in Betrieb zu nehmen?

Don Michele hatte dem Pfarrer dieser Stadt bescheid gegeben, dass wir kommen würden und er hatte uns bereits am Telefon einen Platz zugesichert. Wir freuten uns nun also auf ein unkompliziertes Ankommen und die Möglichkeit, uns von der langen Wanderung zu erholen. Doch ganz so einfach war es nicht.

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Don Massimo war eigentlich ein Typ, der sich nicht viel aus Gästen machte. Wären wir einfach so hier angekommen und hätten unvermittelt in seiner Tür gestanden, dann hätte er uns wahrscheinlich mit einem einfachen Kommunionsraum abgefertigt und wir hätten ihn den Rest des Tages nicht mehr gesehen. Das wäre sowohl für ihn als auch für uns eine angenehme und einfache Sache gewesen. Nun aber hatte er bereits in der Früh gewusst, dass zwei weitgereiste Gäste kamen, die von seinem angesehenen Kollegen bereits fürstlich bewirtet worden waren. Nach einem Besuch bei Don Michele mussten diese Fremden einiges von ihm erwarten. Er konnte uns also nicht einfach in irgendeinen Raum stecken und wieder seinem gewohnten Alltag nachgehen. Er musste uns etwas bieten. Die Frage war nur: WAS?

Dummerweise hatte er den ganzen Tag Zeit gehabt um sich etwas zu überlegen und so wurde es am Ende ein perfekt ausgeklügeltes Desaster.

Als wir ankamen steckte Don Massimo gerade mitten in einer Beerdigung. Er hatte wahrscheinlich zu jeder Zeit mit uns gerechnet, nur nicht zu dieser. Die Männer mit den schwarzen Zylindern trugen gerade den Sarg aus der Kirche und die Trauergemeinde stand vor der Tür. So dezent wie möglich hielt ich nach Don Massimo Ausschau und fand ihn – vollkommen unerwartet – hinter dem Altar. Er predigte nicht mehr und in der Kirche herrschte das übliche, allgemeine Durcheinander, dass nach jedem Gottesdienst entstand, also sah ich keinen Grund, ihn nicht anzusprechen.

„Ah, ihr seit es!“ sagte er, „Moment ich bin gleich bei euch! Wartet an der Treppe!“

Ich ging wieder nach draußen und kam gerade noch rechtzeitig um das laute Glockengetöse in voller Pracht mitzuerleben, das nun von den Kirchtürmen aus die ganze Stadt beschallte. Es war ein Sturmklingeln, so wie man es eigentlich nur aus Kriegsfilmen kannte, wenn vor einem drohenden Luftangriff gewarnt wurde. Wäre der Mann im Sarg nicht bereits tot gewesen, wäre er nun wahrscheinlich an einem Herzinfarkt gestorben.

„ICH HABE EINEN RAUM FÜR EUCH, ABER IHR WOLLT EUCH SICHER ERST DUSCHEN GEHEN! DESWEGEN ZEIGE ICH EUCH JETZT DEN WEG ZU LINA, DIE ORGANISIERT ALLES WEITERE“, schrie der Pfarrer über die Sturmglocken hinweg. Gerne hätte ich ihm gesagt, dass wir nur irgendwo ankommen und uns ausruhen wollten, doch ich verstand kaum ein Wort und wollte nur aus dem Lärm heraus. Deshalb schrie ich einfach „IN ORDNUNG!“ zurück und machte mich daran, ihm zu folgen.

„WAS SOLLEN WIR MIT DEN WAGEN MACHEN?“ fragte ich noch immer schreiend.

„IHR KÖNNT SIE HIER STEHEN LASSEN!“ antwortete er im üblichen Ton. Dann überlegte er es sich jedoch anders und bat uns, sie mitzunehmen. Wir schnallten die Wagen wieder um und durchschritten gemeinsam mit dem Pfarrer die wartende Trauergemeinde. Trotz des bedrückenden Anlasses schaffte es kaum jemand, bei unserem Anlass nicht zu lächeln und uns zuzuwinken.

Er führte uns zwei Blocks weiter zu einem stillgelegten Kloster und öffnete dort eine Tür.

„STELLT SIE HIER HINEIN!“ befahl er und schrie dabei noch immer, obwohl die Kirchenglocken längst aufgehört hatten und wir mehrere Blocks von der Beerdigung entfernt waren. Erst jetzt merkte ich, dass er seine Stimme überhaupt nicht über den Glockenlärm erhoben hatte. Er sprach einfach immer so.

Vor der Tür zum Kloster parkte ein Auto. Es stand so ungeschickt da, dass wir mehrfach rangieren mussten, damit wir die Wagen überhaupt ins Innere des Gebäudes brachten.

„Vorsichtig!“ schrie der Pfarrer in seinem üblichen Ton, „Das Auto gehört mir, passt bitte auf, dass ihr es nicht ankratzt.“

Anschließend kehrten wir zur Kirche zurück und gingen dann in eine andere Richtung weiter, bis wir zu einem grauenhaften Wohnblock kamen. Hier wohnte die Frau, die der Pfarrer immer Lina nannte, obwohl sie sich selbst als Paula vorstellte. Ihre Wohnung war winzig und etwa so gemütlich wie eine Bahnhofstoilette. Die Einrichtung glich einem Museum und man hatte das Gefühl, dass es nichts gab, das wirklich zum Leben diente. Im Wohnzimmer standen einige Stühle wie in einem Sitzkreis mitten im Raum. Der Tisch stand an der Seite, ein Sofa gab es nicht.

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„Macht es euch gemütlich!“ sagte Paula. Ich war beeindruckt davon, dass sie es schaffte, diesen Satz ohne einen sarkastischen Unterton über die Lippen zu bringen. Wir setzten uns auf die Stühle und die beiden anderen nahmen ebenfalls Platz. Was nun folgte stellte das Glockengebimmel von zuvor bei weitem in den Schatten. Wenn die Kirchturmglocken die Bombenwarnung gewesen waren, dann war dieses Gespräch nun der Angriff. Der Pfarrer und die Frau schrien in wildem, hektischen Tempo auf uns ein, redeten durcheinander, stellten Fragen, beantworteten sie sich selbst, erfanden Probleme, die sie dann wieder lösten, nur um gleich darauf wieder ein Problem daraus zu machen. Der Inhalt des Gesprächs war folgender: „Geht euch hier kurz duschen, dann holen wir eure Sachen aus dem Kloster, bringen euch in einen Raum unter der Kirche, in dem ihr arbeiten und schlafen könnt und um 19:00 Uhr kümmern wir uns um etwas zu Essen.“ Die beiden schafften es jedoch eine Dreiviertelstunde damit zu füllen und das auf die nur unangenehmste Art, wie man Menschen überhaupt in ein Gespräch verwickeln kann. Wenn die CIA oder das FBI diese Methoden bei Verhören benutzen würden, könnten sie sicher innerhalb von Minuten jede Information aus jedem Menschen herausbekommen, weil er einfach nur noch will, dass es aufhört. Vergesst körperliche Folter. Das hier ist schlimmer!

Irgendwann waren die beiden mit ihrer Diskussion sogar soweit, dass sie uns zu irgendwelchen Doktoren fahren wollten, die vielleicht ein bisschen was über Naturmedizin wissen könnten. Gleichzeitig versuchte uns die Frau dann auch noch Hintergrundinformationen über das Kloster in den Kopf zu pressen.

„STOP!“ rief ich schließlich, in der Hoffnung, das ganze Theater vielleicht doch irgendwie beenden zu könne. Heiko war bereits drauf und dran das Haus zu verlassen und die Nacht im Zelt zu verbringen, um der Situation zu entfliehen. Erst jetzt wurde es langsam ruhiger.

Der Pfarrer stand auf und verschwand. Lina zeigte Heiko das Bad in dem er sich duschen sollte. Es war winzig und besaß nicht einmal eine Dusche. Hinten in der Ecke gab es eine kleine Sitzbadewanne, die komplett mit irgendwelchen Kübeln vollgestellt war. Eine sonderbare Flüssigkeit schwamm darin, bei der es sich vielleicht um Wasser mit irgendwelchen Zusätzen handelte, vielleicht aber auch nicht. Heiko wartete einen Moment, spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und ging wieder ins Wohnzimmer.

„Ich bin fertig!“ verkündete er. Dann war ich dran.

Ich wunderte mich, wie Heiko es geschafft hatte, in der vollgestellten Badewanne zu duschen und beschloss, dass die Flüssigkeit nicht weiter von nutzen war. Ich kippte sie aus, spülte nach und setzte mich in die Wanne um mich einmal notdürftig abzubrausen. Dann erklärte auch ich mich für gesäubert.

Wenn wir nun jedoch glaubten, den nervigen Teil des Nachmittages damit überstanden zu haben, dann hatten wir uns geschnitten. Paula begleitete uns wieder zum Kloster, für das sie aber keinen Schlüssel hatte. Wir mussten also noch einmal eine Viertelstunde auf Don Massimo warten. Dieser öffnete dann den Raum für uns, damit wie die Wagen wieder umständlich an seinem Auto vorbei rangieren konnten. Dann ging es erneut zurück zur Kirche wo wir endlich unseren Schlafraum bekamen. Er befand sich fast exakt an der Stelle, an der wir uns zum ersten Mal mit Don Massimo getroffen hatten. Die Krönung der ganzen Sache war jedoch, dass es hier eine richtige Dusche gab, mit Vorhängen und ohne Wasserkübel darin.

Um 18:30 hörten wir draußen ein lautes Rufen. „Tobia! Tobia! Tobia!“ Es war Lina, Paula oder wie immer die Dame auch heißen mochte. Eigentlich hatten wir uns um 19:00 Uhr mit ihr vor dem Kloster verabredet, doch sie konnte es einfach nicht abwarten. Zuvor hatte sie angekündigt, dass sie uns ein Restaurant zeigen würde, in dem wir dann ruhig und entspannt für uns alleine essen konnten. Nun hatte sie sich jedoch entschieden, uns dabei Gesellschaft zu leisten. Eine Ehre, die uns nur bedingt mit Freude erfüllte.

Luftlinie war das Restaurant knapp hundert Meter von der Kirche entfernt. Man musste dafür einfach einer geraden Straße bis auf einen Platz folgen. Doch das war sowohl zu weit als auch zu umständlich, weshalb wir das Auto nehmen mussten. Damit fuhr Lina nun einmal kreuz und quer durch die ganze Stadt, so dass wir etwa die doppelte Zeit benötigten, die man als Fußgänger gebraucht hätte. Das Restaurant war eine kleine Pizzeria, in der wir uns leider keine Pizza bestellen durften. Lina hatte das Essen für uns schon ausgesucht und in typisch, italienischer Manier stand natürlich erst einmal Pasta auf dem Speiseplan. Ich weiß nicht warum Italien für seine Nudelgerichte so berühmt ist, denn seit wir hier sind haben wir nur ein einziges bekommen, das nicht vollkommen grausam geschmeckt hatte. Die Nudeln waren fast immer zu weich und sie wurden meist nur von einem faden Tomatenschlunz bedeckt, für den das Wort Sauce ein wenig übertrieben gewesen wäre. In Sachen Pizza machte ihnen wirklich niemand so schnell etwas vor, doch was die Pasta anbelangte, gab es wohl nirgendwo auf der Welt talentfreiere Köche als hier in diesem Land.

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Noch bevor das Essen auf dem Tisch stand, tauchte Don Massimo wieder auf. Er entschuldigte sich, dass er nicht lange bleiben könne, doch eine frohere Botschaft hätte er uns kaum übermitteln können. Lina alleine war eine durchaus anstrengende Person, aber gemeinsam mit dem Pfarrer wurde es unerträglich. Nicht nur wir atmeten erleichtert auf, als der Geistliche das Restaurant wieder verließ. Danach wurde es zumindest etwas ruhiger. Eigentlich war Lina sogar ein wirklich lieber Mensch, wenn sie nur nicht so unglaublich hektisch und anstrengend gewesen wäre. Bevor sie Rentnerin wurde, war sie Lehrerin und kannte daher noch so ziemlich jeden hier im Dorf als Schüler. Auch Don Massimo. Erst jetzt verstanden wir, dass es bei der ganzen Aktion am Nachmittag nicht ums Duschen gegangen war. Es war lediglich eine Pflichterfüllung gegenüber seiner alten Lehrerin gewesen. Hätte Don Massimo Pilger aufgenommen ohne der Frau etwas davon zu erzählen, dann hätte er sich im Nachhinein wochenlang Vorwürfe anhören müssen.

Das Abendessen wurde wohl eine der härtesten Prüfungen in Sachen Gelassenheit, die wir in unserem Leben je bewältigen durften. Lina stellte ununterbrochen Fragen, ließ uns aber nie zum Antworten kommen. Allein unsere Route durch Italien erklärte ich rund siebzehn Mal. Ich hätte es ja einfach gelassen und mir gedacht, dass es ja egal war, wenn sie sich eh nicht dafür interessierte, doch sie ließ nicht locker. Sie fragte, unterbrach, erzählte, fragte erneut und unterbrach wieder. Da sie Heikos Namen weder im Gedächtnis behalten noch aussprechen konnte, taufte sie ihn in Heidi um und begann damit jedes Mal wenn sie ihn ansprach „Heidi, Heidi!“ zu trällern. Die ersten zwölf Mal war es noch witzig, dann ging es steil bergab.

Als wir schließlich fertig waren, sowohl mit den Nerven als auch mit dem Essen, war es bereits weit nach 20:00 Uhr. Auf irgendeine Weise produktiv zu werden, war heute wohl nicht mehr drin.

Spruch des Tages: Heidi, Heidi...

Höhenmeter: 150 m

Tagesetappe: 10 km

Gesamtstrecke: 13.081,27 km

Wetter: teils sonnig, teils bewölkt

Etappenziel: Nonnenkloster, 88025 Maida, Italien Hier könnt ihr uns und unser Projekt unterstützen. Vielen Dank an alle Helfer!
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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