Balkan Reise: Unterwegs durch wilde, raue Natur

von Shania Tolinka
28.08.2015 11:49 Uhr

Abenteuer Wanderer erkunden die raue Seite ihrer Balkan Reise

   

Heiko Gärtner, Tobias Krüger und Stefanie Ott bereisen die Erde. Nun sind sie in einem Gebiet, das der Krieg gezeichnet hat.

   

Von Bettina Dennerlohr

 

Neumarkt. „Erschöpft, schmutzig und verwildert“ – so beschreiben Heiko Gärtner und Tobias Krüger ihr momentanes Erscheinungsbild. Die beiden Neumarkter haben es sich zum Ziel gesetzt, zu Fuß die Welt zu umrunden. Gerade, etwa eineinhalb Jahre nach ihrem Start, wandern sie durch den Süden Serbiens. „Es ist definitiv der wildeste und anstrengendste Teil unserer bisherigen Reise, aber auch einer der schönsten“, sagen sie. Denn trotz aller Entbehrungen: „Wir fühlen uns freier und lebendiger hier auf unserer jetzigen Balkan Reise als je zuvor.“

Mittlerweile ist ihre Gruppe gewachsen: Mitte Juli ist in Bosnien-Herzegowina Stefanie Ott dazugestoßen. „Ich war mir schon seit einiger Zeit bewusst, dass ich etwas in meinem Leben ändern möchte“, sagt sie. Heiko und Tobias hat sie im vergangenen Jahr auf dem Jakobsweg getroffen, den Kontakt nie abreißen lassen und die beiden schließlich sogar zehn Tage lang in Spanien besucht. Ein Jahr lang hat sie sich schließlich darauf vorbereitet, sich den beiden Männern und ihrem Nomadenleben anzuschließen. Bereut hat sie diese Entscheidung bisher nicht: „Begeistert bin ich jeden Morgen, wenn ich den Sonnenaufgang über den noch feuchten Wiesen aus meinem Zelteingang betrachte.“

 
Serben mit ihrem Lastentier auf dem Heimweg

Serben mit ihrem Lastentier auf dem Heimweg

 

Wälder mit Bären und Wölfen

Das Zelt steht derzeit in einem Gebiet ihrer Balkan Reise voller großer Wälder mit Bären, Wölfen, Geiern und Schlangen. Tobias und Heiko bezeichnen es als den „definitiv wildesten und anstrengendsten Teil der Reise“. Der Süden Serbiens ist wenig besiedelt, kaum ein Dorf hat mehr als 20 Einwohner, beschreibt die Gruppe. Das wirkt sich auch auf ihre Wanderung aus: Unterschiede von 300 bis 600 Höhenmetern am Tag sind normal geworden, dafür wurden Strom, Internet und Waschmöglichkeiten eine echte Rarität.

Gemeinsam wandern die drei durch eine Region, in der in den 90er-Jahren der Krieg tobte. In den Köpfen der Menschen ist die Erinnerung an diese schreckliche Zeit immer noch lebendig, beschreiben die drei: „Es gibt bis heute Flüchtlingslager, die sich in den vergangenen zwanzig Jahren nach dem Krieg nicht verändert haben. Auch viele der zerstörten Häuser wurden nicht wieder aufgebaut.“ Was sie aber noch mehr verwundert auf der Balkan Reise: Ihrer Einschätzung nach gibt und gab es zwischen den Bevölkerungsgruppen des damaligen Jugoslawiens keine Feindschaften: „Die Streitigkeiten scheinen also nur unter den Politikern stattgefunden zu haben und wahrscheinlich gab es wie immer auch hier einen ganz anderen Grund dafür, als allgemein angenommen wird.“

Viele alte Frontlinien sind bis heute vermint, verlaufen aber durch Wälder, Berge und Wiesen. Die Häuser, so beschreiben es die drei Wanderer auf ihrer Balkan Reise, sind zwar zerstört, aber nicht durch Einschusslöcher oder Explosionen. Sondern weil die Dachziegel und die Steine abgetragen und an anderer Stelle verwendet wurden. „Dafür sieht man in einigen größeren Ortschaften bis heute die Löcher der Maschinengewehre in den Hauswänden. Das Verwunderliche dabei ist aber eigentlich, dass die Schäden bis heute nicht behoben wurden, obwohl nicht mehr als etwas Putz dafür nötig wäre“, fassen sie ihre Eindrücke zusammen.

Die tiefsten Wunden habe der Krieg aber wohl in den Menschen selbst hinterlassen. Viele hätten ihre Lebensfreude verloren, wirkten deprimiert und hoffnungslos: „Wir wissen natürlich nicht, wie es hier früher war, aber oft erzählte man uns, dass vor allem die Bosnier vor dem Krieg bedeutend fröhlicher und lebendiger waren“, lautet der Eindruck.

So sieht die Hausschlachtung in Serbien aus

So sieht die Hausschlachtung in Serbien aus

Weiter geht es bis nach Israel

Sobald die drei Serbien auf ihrer Balkan Reise durchquert haben, geht es weiter nach Montenegro, Albanien, Mazedonien und Griechenland, dann in die Türkei und nach Israel. So lautet der grobe Plan, den die drei im Kopf haben. Konkrete Routen planen sie immer nur für kürzere Abschnitte, wie es in Israel weitergehen soll, wissen sie noch nicht. Auch bis dahin gibt es noch einige offene Fragen. In die Türkei dürfen sie etwa mit ihrem deutschen Pass nur für drei Monate einreisen, das Land komplett zu durchwandern würde aber vier Wochen länger dauern. Also brauchen sie ein Langzeitvisum – auch das muss von unterwegs organisiert werden.

Während ihrer Reise führen die Wanderer auf ihrer Internetseite einen Blog. Darin beschreiben sie nicht nur ihre Abenteuer und die Reiseroute, sondern beschäftigen sich auch mit ihren Gedanken und philosophischen Ansätzen. „Oft glauben Menschen, dass all ihre Probleme verschwinden, wenn sie auf eine Reise gehen oder auswandern. Das ist aber so nicht richtig: Es ist viel mehr so, das plötzlich alle Themen, die man zuvor beiseiteschieben oder verdrängen konnte aktiv werden“, erklären sie. Eine Reise löse also die Probleme nicht, sie erhöhe nur die Absicht, die Probleme aktiv anzugehen: „Das ist es, warum diese zum persönlichen Wachstum beiträgt.“

Nicht zuletzt sind Heiko, Tobias und Steffi jeden Tag vier bis fünf Stunden in der freien Natur unterwegs – genug Zeit also, um nachzudenken und ins Grübeln zu können. Kein Wunder also, dass alle drei sagen, sie hätten sich auf eine völlig neue Weise kennengelernt. Zum Teil sei das aber auch erschreckend gewesen – nicht umsonst blende jeder Mensch gewisse Seiten an sich aus: „Aber wenn man irgendwann den Punkt erreicht hat, dass man auch diese Seiten annehmen kann, spürt man, dass sich vieles löst, dass man freier, gelassener und leichter wird und dass man sein Leben deutlich mehr genießen kann.“

 
Die Natur in Serbien hat viele schöne Sonnenseiten zu bieten

Die Natur in Serbien hat viele schöne Sonnenseiten zu bieten

Bei ihrer neuen Weggefährtin können Heiko und Tobias auf der Balkan Reise nun ähnliches beobachten: „Viele Themen kommen noch einmal auf, die wir am Anfang selbst durchgemacht haben. Zum Teil führt das natürlich zu Spannungen, aber auf der anderen Seite ist es auch unglaublich wichtig um voranzukommen. Sowohl für Steffi als auch für uns.“ Auch der Alltag hat sich verändert: „Das Essen ist nun wieder mehr eine Zelebration und wir nehmen uns Zeit für Gemeinschaftsaktionen, was wir zu zweit nur selten gemacht haben.“ Von Anfang an hatten die beiden Abenteurer die Idee, sich immer wieder etappenweise von Mitwanderern begleiten zu lassen. Doch Besuche, die nur wenige Tage dauern, hätten sich als wenig praktikabel herausgestellt – zu schwierig sei es, genau zu planen, wann die Gruppe wo sein wird. Dass sie nun fest zu dritt unterwegs sind, hat ihnen bisher aber keine Nachteile eingebracht, sagt die Gruppe: „Wir hatten erst Angst, dass es vielleicht ein Problem mit den Schlafplätzen geben könnte, wenn man nicht mehr in ein Doppelzimmer passt. Doch das ist nicht der Fall. Wenn einen jemand unterstützen will, dann unterstützt er einen auch mit drei Personen und wenn nicht, dann hätte es mit zweien auch nicht geklappt.“  
Ein Flötenspieler mit seiner Tracht in Serbien

Ein Flötenspieler mit seiner Tracht in Serbien

Eine Woche mit bayerischem Essen

Neben Steffi gab es aber noch weitere Besuche: Im Winter haben sich Heiko und Tobias in einem kleinem Ferienhaus in einem slowenischen Dorf mit Heikos Eltern getroffen. Die Zeit haben sie als „eine sehr schöne und entspannte Woche“ in Erinnerung behalten. Heikos Mutter hat die beiden auch mit etwas verwöhnt, dass sie bisher auf ihrer Reise entbehren mussten: gute bayerische Küche. „Nachdem wir in Italien zwei Monate fast ausschließlich von Reis mit Bohnen und Tomatensoße gelebt haben, war das ein absoluter Traum“, sagen die beiden Wanderer. Die Pause haben sie genutzt, um ihre Pilgerwagen auf Vordermann zu bringen. Heikos Vater und dessen Freund Hans hatten extra komplett neue Deichseln und Achsen gebaut hat. „Außerdem haben wir zusammen kleine Wanderungen in die umliegenden Wälder unternommen und wurden dabei sogar von einer slowenischen Familie zum Tee auf ihrer Hollywoodschaukel eingeladen“, an diese Anekdote erinnern sich beide auch hier auf ihrer Balkan Reise.

Für jeden wäre ihre Unternehmung aber nicht geeignet. Ihr Nomadenleben könne nur funktionieren, wenn jedes Gruppenmitglied die gleichen Vorstellungen, Wünsche und Ideen vom Leben habe: „Man merkt sehr schnell, mit wem man harmoniert und mit wem nicht.“ Denn missverstanden wollen die drei Abenteurer nicht werden: „Es ist kein Urlaub und auch keine Action-Erlebnisreise, sondern ein Heilungsweg, bei dem es in erster Linie darum geht, in einen Gleichklang also einen inneren Frieden zu kommen“, beschreiben sie ihre Wanderung.

Auf www.lebensabenteurer.de führen Heiko, Tobias und Steffi ein Reisetagebuch mit vielen Bildern. Dort gibt es auch Informationen für Menschen, die spenden oder die Gruppe als Sponsoren unterstützen möchten.

Auf der Balkan Reise entdeckten die Lebensabenteurer eine Serbische Kirche

Auf der Balkan Reise entdeckten die Lebensabenteurer eine Serbische Kirche

 

Rund um das Thema Balkan Reisen:

Der Balkan ist eine spannende, sehr vielseitige Region im Südosten Europas die in der jüngeren Vergangenheit vor allem von Veränderungen und Unruhen geprägt war – der Zerfall von Jugoslawien und die damit verbundenen Jugoslawienkriege machten Reisen in viele Regionen lange Zeit unmöglich.

Balkan Rundreisen bieten viele für Touristen aus aller Welt und jedes Alters imposante Ziele: Bosnien-Herzegowina mit seiner eindrucksvollen Hauptstadt Sarajevo sowie Mostar, der sechstgrößten Stadt des Landes Mostar, die von der Neretva durchflossen wird. Oder eine Balkan Länder Rundreisefahrt durch Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien sowie Slowenien. Jedes dieser Länder besticht durch eine faszinierende Landschaft und Geschichte.

Reisen während der Corona Zeit, Balkonien, Bergsteigen oder Balkan – wie sieht der Sommerurlaub 2020 aus? Steht der Sommerurlaub wegen Corona auf der Kippe? Die Verunsicherung bei vielen Reiselustigen ist groß. Zwar gelten die weltweiten Reisebeschränkungen des Auswärtigen Amts noch bis zum 15. Juni. Wer verreisen möchte, findet beim Auswärtigen Amt genauere Beschreibungen und Informationen vor.

Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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