Kanu-Tour auf dem Vänern-See in Schweden

von Heiko Gärtner
19.05.2018 18:42 Uhr

Wenn Schweden für etwas berühmt ist, das nichts mit ABBA und IKEA zu tun hat, dann sind es seine Elche und seine großartigen Flüsse und Seen, die sich perfekt für ausgedehnte Kanutouren eignen. Nach einer langen Wanderung durch den südlichen Teil von Schweden hatten wir nun zum ersten Mal die Gelegenheit, selbst an einer solchen Tour teilzunehmen.

Schweden ist berühmt für seine großen Seenplatten

Schweden ist berühmt für seine großen Seenplatten.

 

Unerfüllte Kindheitsträume werden wahr!

Schon als Kind war es immer ein großer Traum von mir, einmal eine lange, ausgedehnte Kanutour durch Schweden zu machen. Einige meiner Freunde hatten solche Touren hin und wieder über die Kirchengemeinde oder andere Organisationen gemacht und ihre Begeisterung war jedes Mal direkt übergeschwappt. Im letzten Sommer als Schüler vor dem Abitur war es dann so weit: Wir stellten einen kleinen Trupp an Schwedenurlaubern zusammen, organisierten uns das Auto eines unserer Elternpaare, suchten uns alles zusammen, was wir für unseren Kanu-Trip brauchen würden und kontaktierten sogar bereits einen Kanu-Verleiher in Südschweden. Doch kurz bevor wir dann wirklich aufbrechen wollten kam die schlechte Nachricht: Schweden erlebt gerade einen Jahrhundert-Regen und ist daher aufgrund der Mücken und der permanenten Nässe in diesem Sommer nicht zu empfehlen. Im Nachhinein betrachtet hätten wir diese Warnung wahrscheinlich einfach ignorieren und trotzdem fahren sollen, wenn Schweden ist so groß, dass wir mit Sicherheit einen Platz gefunden hätten, an dem es auch in diesem Sommer schön gewesen wäre. Doch wir ließen uns verunsichern und entschieden uns daher schließlich dagegen. Unser Plan B. War ein Roadtrip durch Osteuropa, der mit einem Wildunfall und einer Heimreise im Abschleppwagen endete. Aber das ist eine andere Geschichte.

Kanu vor einem schwedischen See

Schon als Kind haben wir davon geträumt, eine Kanutour durch Schweden zu machen.

Kanufahren auf dem größten See innerhalb der EU

Seit damals waren nun rund 15 Jahre vergangen und ich hatte die Idee einer Kanutour durch Schweden bereits längst aufgegeben. Doch nun, völlig unvermittelt sollte sich doch noch eine Chance ergeben. Vor einigen Tagen hatten wir mit unserer Wanderung den Vänernsee erreicht, der nicht zu Unrecht auch als „das Binnenmeer von Schweden bezeichnet wird. Mit einer breite von mehr als 75 km und einer Länge von über 140 km ist er der größte See innerhalb der EU und der viertgrößte auf der europäischen Landfläche. Mehr als 22.000 Inseln und schier unzählige Felsen schauen aus seinem Wasser empor und machen eine Kanu-Tour erst so richtig interessant.

Wie es der Zufall (oder in unserem Fall wahrscheinlich eine glückliche Führung) wollte, lernten wir beim Willkommensgespräch in unserem letzten Schlafplatz einen Diakon kennen, der jährlich Jugendfreizeiten mit Kanutouren für die Kinder und Jugendlichen hier im Ort organisierte. Als wir ihm erzählten, dass wir noch nie eine Kanutour in Schweden gemacht hatten, aber bereits als Kind davon geträumt haben, meinte er kurzerhand, dass dies umgehend geändert werden müsse. Er machte einige Telefonanrufe und schon war organisiert, dass wir unsere Sachen einige Tage im Gemeindehaus lassen und in der Zeit mit ihm gemeinsam auf eine Kanutour auf dem Vänersee aufbrechen konnten. Shania hätte sich also keine bessere Zeit aussuchen, um uns zu besuchen, denn so bekam sie nun sogar ein echtes Urlaubsprogramm geboten.

Eine kleine Bucht im Vänern See

Eine kleine Bucht im Vänern See.

 

Unsere Kanu-Tour auf dem Vänern

Gleich am nächsten Morgen ging es los. Unsere sieben Sachen hatten wir bereits am Vorabend zusammengepackt und so konnten wir direkt nach einem kurzen Frühstück in beim Sonnenaufgang starten. Es war noch immer etwas frisch und der gigantische See war in leichte Nebelschwaden gehüllt. Als wir schließlich in See stachen, war die Welt gerade dabei langsam aufzuwachen. Es war eine wunderbare Stimmung, ruhig und friedlich und trotzdem voller Lebendigkeit.

Morgennebel über dem Wasser

Morgennebel über dem Wasser.

 

Die Route, die wir gemeinsam mit unserem Kanu-Guide Erik ausgearbeitet hatten, führte uns in Ufernähe ein gutes Stück in Richtung Norden, vorbei an unzähligen Buchten, die mit ihren kleinen roten Holzhäusern vom Wasser aus noch einmal viel verwunschener aussahen als vom Land. Nach einigen Stunden gemütlichen und entspannten Paddelns legten wir an einer der Buchten an und machten ein Mittags-Picknick. Dann ging es noch einmal bis zur berühmten schwedischen Fika-Pause weiter nach Norden. Schließlich erreichten wir eine abgelegene und vollkommen einsame Bucht, zu der vom Landweg aus nur ein kleiner Trampelpfad führte. Hier hatte Erik für uns unser Nachtquartier vorgesehen.

Heiko als Steuermann hinten auf dem Kanu

Heiko als Steuermann hinten auf dem Kanu.

 

Unser Lager am Seeufer

Man musste Erik lassen, dass er diese Gegend wirklich perfekt kannte, denn er hätte die Wahl für unseren Lagerplatz nicht besser treffen können. Wir waren komplett für uns alleine, doch es war, als hätte jemand bereits alles für uns vorbereitet. Am Ufer gab es einen kleinen Unterstand mit einer Feuerstelle und sogar das Feuerholz lag schon parat. Damit der nächste Gast den Platz genauso vorfand, machten wir am späteren Nachmittag natürlich auch noch einmal neues Holz klein und füllten den Vorrat wieder auf.

Nach der langen Tour erst einmal entspannen

Nach der langen Tour erst einmal entspannen.

 

Zum Übernachten hatten wir dicke Schlafsäcke der Kirche dabei, sodass wir direkt in der Hütte übernachten konnten. Erik hatte zuvor gefragt, ob wir im Zelt oder im Freien schlafen wollen und hatte uns zu der halboffenen Variante im Unterstand geraten. Denn jetzt war so ziemlich die einzige Zeit im Jahr, in der dies überhaupt möglich war. Zuvor war es dafür zu kalt, später würden einen die Mücken fressen. Aber im Moment war es geradezu perfekt.

Heiko schürte das Lagerfeuer ein, während sich Erik um die Essendvorbereitung kümmerte. Damit unsere schwedische Kanu-Tour auch wirklich stilecht war, hatte er extra zuvor ein wenig Elchfleisch besorgt, das wir nun auf offenem Feuer grillten. Dazu gab es schwedisches Flatbröd, Salat und Käse. Wir hatten auf der Fahrt hier her auch versucht, ein wenig zu Angeln, aber bei dem riesigen Gewässer war das nicht so leicht und so waren wir froh, dass wir nicht auf den Fisch angewiesen waren, den wir nicht gefangen hatten.

Steaks und Würstchen zur Stärkung

Steaks und Würstchen zur Stärkung.

 

Eine Nacht unter den Sternen

Am Abend blieben wir noch lange am Feuer sitzen und schauten über den schier unendlich großen See. Selbst in Schweden hatten wir selten Momente erlebt, an denen es so friedlich war wie hier. Shania hatte einige Wildkräuter und Fichtennadeln zusammengesucht, um einen Tee daraus zu machen. Damit erinnerte uns die Stimmung nun sehr an unsere früheren Survivaltouren und es kam fast so etwas wie Wehmut in uns auf. Vor allem aber fielen uns viele alte Geschichten wieder ein, die wir einander erzählen konnten.

Gemütliches Sitzen am Lagerfeuer

Gemütliches Sitzen am Lagerfeuer.

 

Schließlich zogen wir uns dann in unsere Schlafsäcke zurück und kuschelten uns richtig warm ein. Die Temperaturen in der Nacht lagen im Moment bei etwas über null Grad und wir waren froh, dass wir die wirklich dicken Schlafsäcke von der Kirche bekommen hatten.

Von unserem Nachtlager aus, konnten wir unter dem Dach hinweg den Sternenhimmel, sowie einen großen Teil des Sees sehen. Außerdem spürte man die Präsenz der Tiere um uns herum. Irgendwo rief ein Waldkauz. Dann schliefen wir ein.

Der nächtliche Sternenhimmel war traumhaft schön

Der nächtliche Sternenhimmel war traumhaft schön.

 

Die Besichtigung der Inseln

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte sich Erik bereits wieder um das Lagerfeuer gekümmert und schon heißes Wasser für Kaffee und Tee aufgesetzt. Shania und Heiko lagen noch zusammengekuschelt in ihren Schlafsäcken, die sie zu einem einzelnen großen Schlafsack verbunden hatten. Die Luft war noch kalt, aber das Feuer wärmte bereits.

Heiko und Shania auf Kanu-Expedition in Schweden

Heiko und Shania auf Kanu-Expedition in Schweden

Heiko ist schon wieder Bereit zum Weiterfahren

Die Tour kann weiter gehen!

 

Blick auf die Inseln im Vänern See

Blick auf die Inseln im Vänern See.

  Nach dem Frühstück packten wir unsere Sachen zusammen, bedankten uns bei dem tollen Platz und machten uns wieder an die Heimreise. Dieses Mal wählten wir die Route so, dass wir weiter im Innenbereich des Sees fuhren und dadurch direkt an den vielen kleinen Inseln vorbeikamen. Einige davon standen unter strengem Naturschutz und durften nicht betreten werden. An anderen konnten wir kleine Zwischenstopps machen und sie besichtigen, was wir gerne auch für Picknickpausen nutzten.

Die Heimkehr von unserer Kanu-Tour in Schweden

Wegen der kleinen Zwischenstopps und der etwas längeren Strecke, erreichten wir unseren Ausgangsort am frühen Abend, gerade rechtzeitig zum Abendessen. Wo wir nun auf den Geschmack gekommen waren, fiel es uns durchaus schwer, anzunehmen, dass unser kleines Wasser-Abenteuer nun bereits wieder vorbei war. Wenn man wollte, konnte man hier natürlich Tage und Wochen unterwegs sein und den gesamten See umrunden. Aber wir wollten ja schließlich auch unsere Wanderung fortsetzen und durften auch nicht zu spät im Jahr in den hohen Norden gelangen. Immerhin lagen noch mehr als 1000 km vor uns, um zu dem Punkt zu gelangen, an dem die Ostsee endete und Schweden auf Finnland traf.

Unsere Kanus liegen nun wieder verlassen am Ufer.

Unsere Kanus liegen nun wieder verlassen am Ufer.

 

Nach einem gemeinsamen Abendessen verabschiedete sich Erik von uns und wir verbrachten eine weitere Nacht in unserem Gemeindehaus. Morgen würden wir den See dann noch einmal von der Landseite weiter erkunden.

 

Bildquellen:

© Heiko Gärtner | © Hero Images/Hero Images - Adobe-Stock | Pixabay
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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