Das San Volk der Kalahari Wüste - Leben mit den San Buschleuten

von Ines Collmer
16.09.2023 23:33 Uhr

Eine Reise in die Vergangenheit - Die San der Kalahari Wüste

 

Wo lebt das San Volk?

 

Das San-Volk, auch bekannt als Buschleute oder San, ist als eine indigene Bevölkerungsgruppe zu finden. Historisch betrachtet sind sie in südlichen Teilen Afrikas ansässig. Die San Buschleute sind traditionelle Jäger und Sammler und pflegen eine selbstverständliche und enge Verbindung zur Natur und dem Land, auf dem sie leben. In verschiedenen Regionen, darunter Teile von Botswana, Namibia, Angola, Sambia, Simbabwe und Südafrika leben die San ihr zufriedenes und verbundenes Leben. Man kennt die Buschleute für ihre einzigartigen kulturellen Traditionen, ihre enge Beziehung zur Umwelt und ihre über Generationen weitergegebenen Kenntnisse über das Überleben in der Wildnis.

Auch die Lebensbedingungen und die Verbreitung des San-Volkes haben sich im Laufe der Zeit verändert. Einige Gemeinschaften sind jedoch von ihren traditionellen Lebensräumen weg gekommen oder haben sich an neue Lebensumstände angepasst, so wie es auch der modernen westlichen Welt ergeht. Dennoch haben es viele San-Gemeinschaften geschafft, die kulturellen Praktiken und Traditionen zu bewahren, während sie gleichzeitig mit den Herausforderungen der modernen Welt konfrontiert sind. Doch wie lebt das San Volk jetzt? Und was können wir von ihnen lernen, um wieder mehr mit der Wildnis und Natur in Verbindung zu kommen?

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Giraffen leben in Ruhe, dies können wir von den San Buschleuten wieder lernen.

 

Wie leben die San Buschleute jetzt?

 
  1. Wie sehen die Siedlungsformen aus: Viele San Buschleute leben heute in festen Siedlungen, die aus afrikanischen Hütten oder modernen Wohngebäuden sind. Solch genannten Siedlungen können sich sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten befinden. Die Gemeinschaften, die ihrer Tradition und Kultur treu bleiben wollen, leben auch weiterhin in abgelegenen Gegenden und genießen ihr semi-nomadisches Leben.
  2. Wie kann man sich den Lebensunterhalt vorstellen: Die traditionelle Lebensweise stellt die Jagd und des Sammelns für den Lebensunterhalt der San-Gemeinschaften dar, dies ist für sie großer Bedeutung. Doch viele von ihnen haben heute verschiedene Möglichkeiten gefunden, ihren neuen Lebensunterhalt zu bestreiten. Manche moderne San Buschleute arbeiten in der Landwirtschaft, in Tourismus- und Kulturprojekten, im Handel oder in anderen Bereichen der Wirtschaft.
  3. Wie sieht die Bildung und Gesundheit aus: Bildung und die Gesundheitsversorgung kann für einige San-Gemeinschaften eine Herausforderung darstellen! Es existiert zumindest die Bemühung von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, um den Zugang zu Bildungseinrichtungen und Gesundheitsdiensten für die San zu verbessern.
  4. Die kulturelle Praktiken und Identität: Viele traditionelle San-Gemeinschaften bewahren ihre kulturellen Traditionen, Bräuche und Sprachen bis heute, dies ist vielen sehr wichtig, um ihrer Natur treu zu bleiben. Spezifische Jagdtechniken, traditionelle medizinische Kenntnisse, Gesang, Tanz und Geschichtenerzählen gehören einfach mit dazu. Die kulturelle Identität der San ist ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, und sie bemühen sich, ihre Traditionen an zukünftige Generationen weiterzugeben.
Lernen-von-San-Kriegern

Wir durften von den San-Kriegern Bräuche erlernen.

 

Es ist nicht immer einfach für das San Volk. Denn wichtig zu betonen ist, dass die Lebensbedingungen der San-Gemeinschaften oft mit sozialen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen verbunden sind. Ob dies die Diskriminierung, die Landrechte, den Zugang zu Ressourcen und die Anerkennung ihrer Rechte als indigene Bevölkerungsgruppe sind weiterhin wichtige Themen, mit denen viele San-Gemeinschaften konfrontiert sind. Die San Buschleute kämpfen aktiv für ihre Rechte und die Wahrung ihrer Kultur und Identität.

 
San Volk und touristische Kinder in Afrika

Das San Volk führt touristische Kinder durch die unberührte Natur in Afrika.

 

Eine Reise durch das Erongo Gebirge zum San Volk - ein Erfahrungsbericht

 

Meine erste Reise zu den Buschleuten oder dem San Volk unternahm ich im Jahr 2011 mit meinem damals zwölfjährigen Sohn. Schon die Anfahrt vom Flughafen in Richtung Kalahari gestaltete sich schlichtweg abenteuerlich, da unser Bus in Deutschland mit Sicherheit keinen TÜV mehr erhalten hätte und auch Werkstätten in Namibia sehr rar sind. Kudus, Paviane und Giraffen begleiteten unsere Fahrt ins Erongo-

Boots-Safari-in-Afrika

Eine wilde Boots Safari in Afrika.

Gebirge, ein Fleckchen Erde, das den Eindruck erweckt, als wäre die Welt noch im Urzustand. Warzenschweine wuseln in Reih und Glied durch die Macchia. Antilopen, Springböcke, Kudus und Steinböcke sind nur durch ihre eigenen Bewegungen zu erkennen. Der Blick von diesen gigantischen Felsen schweift ausschließlich über "wildes" Land. In Wirklichkeit ist jedoch alles in riesige Wildparks und Farmen aufgeteilt, was natürlich letztendlich auch dem Schutz und Erhalt der Tiere dient. Dennoch dürfen mit genügend Eigenkapital die von den San so begehrten Giraffen und Elenantilopen von Fremden geschossen werden - was den San Buschleuten untersagt ist. Das traditionelle “hunting by running”, eine der ursprünglichsten Jagdmethoden, bei denen das Tier zu Tode gehetzt wird, weil es im Gegensatz zum Menschen nicht schwitzen kann, darf zumindest in Namibia derzeit nicht ausgeübt werden. Diese Jagdmethode zwingt mich Ehrfurcht und den größten Respekt ab - rennt doch der Jäger über viele Stunden am heißesten Tag in der heißesten Zeit seinem auserwählten Tier hinterher, immer wieder die Spur suchend, ihr folgend - bis dieses aufgibt, ja sich ergibt, sich nach Auffassung der Jäger hingibt - erwählt von Dissabolo, dem Gott der San.

Auf-Foto-Safari-in-Afrika

Die Landschaft wurde als Foto-Safari in Afrika festgehalten.

Die “Großen” sind für die San Buschleute so wichtig, weil ihre langen Beine lange Sehnen für die Bögen geben, die allerdings wie Spielzeuge aussehen, deren Pfeile jedoch mit dem tödlichen Gift einer Käferlarve getränkt sind, das bei Berührung des Auges blind machen kann. Im Übrigen wirkt das Holz des Gelbbaumstrauches als Gegengift - der Baum, auf dem die Larve lebt. Ist das ein Zufall oder wirken da Kräfte, die wir nur erahnen können? Der Film “the great dance” erzählt von dieser Form der heiligen Jagd, heilig, weil sie vom großen Kreislauf des Gebens und Nehmens erzählt, in dem alle Wesen dieser Erde geborgen sind. Aber zurück zum Erongo Gebirge, welches gespickt ist von Felsenmalereien, die in Europa zu großem Aufruhr und Spektakel führen würden - Malereien, 500 - 30 000 Jahre alt! Sie stellen immer wieder Menschen in Reihe oder im Kreis dar, was zeigt, wie die Gruppen sich organisieren - in Reihe, weil so die Jäger durch den Busch streifen und im Kreis, weil sie die Kultur des Kreises leben. Weiter ging es durch Flüsse, in denen auch immer wieder unser Bus stecken zu bleiben drohte - bis wir an unserem Camp ankamen.

Natur-in-Afrika

Die Natur in Afrika zieht einfach jeden in seinen Bann.

   

Der Film: The Great Dance

 
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Schadenfreude und Schmuck - die Kultur der “Party People”

 

Dort wurden wir gleich durch einen San Volk Willkommenstanz begrüßt, in dem die ganze Gruppe der Bushmen uns an die Hände nahm, im Kreis lief und durch eine recht komplizierte Führung des Vordermannes inniger wurde, quasi umarmend, um dann wieder auseinanderzudriften. Und genau so erlebten wir die Gemeinschaft im San Volk immer wieder lachend, albern, spielerisch, voller Tanz und Musik. Es ist dort ein kulturelles Gut, Schadenfreude zu zeigen, über die Missgeschicke der anderen und die eigenen laut heraus zu lachen, nicht wie bei uns - hinter vorgehaltener Hand. In einer Szene zerbrach Komtsa - einem der Jäger - der Bogen und er warf ihn in die Wüste mit lautem Gebrüll: ”mögen allen umliegenden Stämmen die Bögen brechen!”, was mit Gelächter der San Buschleute begleitet wurde. Es ist sehr befreiend, über sich lachen zu können.

Tagsüber sitzen oft die Frauen mit den Kindern beisammen und stellen ihr sogenanntes “Geld” her - Ketten aus Straußeneiern, die aus kleinen Kreisen bestehen, in die geschickt ein Loch zum Auffädeln gebohrt wird. Diese Ketten, zum Teil mit Kohle auch schwarz gefärbt, werden im sogenannten Laden - einem Akazienzweig - aufgehängt. Und oh Wunder! jede Kette in ähnlicher Ausführung hat einen unterschiedlichen Preis. Daneben hängen auch mit Pflanzen gegerbtem Leder allerlei Taschen, die ebenso mit Straußeneierperlen verziert sind. Auch der Gegenstand des Hochzeitrituals der San hängt dort, ein puppengroßer Köcher mit drei Pfeilen darin, auch ein miniaturgroßer Bogen, der dem Mann aus dem San Volk dazu dient, seine Liebste zu erwerben. Hat er sich nämlich eine Frau aus dem San Volk ausgewählt folgt er ihr beim Wurzelgraben in den Busch und wenn sie sich dann bückt, schießt er ihr mit seinem Miniaturpfeil in den Hintern. Zerbricht sie den Pfeil, ist er abgewiesen, nimmt sie den Pfeil mit, gehen sie zu ihren Eltern und dort fragt er: Kann sie teilen? Ist sie ein höflicher Mensch? Kennt sie die Buschkost? Danach dasselbe bei seinen Eltern mit der Frage: Ist er ein guter Jäger? Danach versucht er sie in seine Grashütte zu ziehen und sie muss sich mit Händen und Füßen wehren. Kat!zu zeigte uns hierzu stolz seine Kratzer und Bisse, die erst wenige Tage alt waren, denn je größer die Wunden, desto größer ist die Liebe.

Teilen, gegenseitiger Respekt und die Fähigkeit, die Familie zu ernähren, sind genau in dieser Reihenfolge wichtig, denn teilen zu können ist die Sozialversicherung des Stammes der San Buschleute. Auch gehört bei der Jagd das Tier dem Besitzer des Pfeiles, nicht dem Jäger, und danach werden auch die Stücke verteilt. So kann auch ein alter Mensch oder ein Kranker "jagen", ohne tatsächlich dabei zu sein. Und gegenseitiger Respekt drückt sich im sogenannten “truth speaking” aus, dem Sprechen aus und mit dem Herzen. Dabei geht der Respekt in alle Richtungen, nicht nur “nach oben”.

Bushmen Menschen in Afrika

Die San Buschleute leben für sich in Afrika.

 

Jagen und Sammeln im San Volk

 

Die Buschleute sind neben den Apachen die besten Spurenleser der Welt. Sie werden seit einigen Jahren nach Europa geholt, um archäologische Spuren in Höhlen zu deuten und dabei treten immer wieder völlig neue Erkenntnisse zutage. Es ist eine Freude, mit dem San Volk durch die Kalahari zu streifen. Keine noch so kleine Spur wird ignoriert, sie erzählen sich ständig mit Handzeichen ihre Geschichten, später auch am abendlichen Lagerfeuer, mit ganzem Körpereinsatz, “animal forms” genannt. Story telling - eine längst vergessene und zutiefst berührende Weise, die anderen am eigenen erlebten Tag teilhaben zu lassen. Und während der Busch auf der Jagd durchstreift wird, zündet sich das San Volk alle Augenblicke lang mit dem sogenannten handdrill ihre selbst geschnitzten Pfeifen an, um ganz entspannt zu rauchen. Überhaupt erhielten die Buschleute bei uns den Namen “party people”, waren doch alle Aktionen auf ganz natürliche Weise mit Heiterkeit, Freude, Spaß begleitet und man hörte ständig Lachen und Gequietsche. Als Werner Pfeifer - Gründer von living culture - mit seiner stehenden Kamera ein Video vom sogenannten Krokodilspiel drehte, war danach kein Halten mehr, als alle gleichzeitig in diesen futuristischen Kasten schauen wollten und sich selbst sahen.

Wenn tagsüber die Frauen und die Männer des San Volks oft getrennt voneinander ihren Tätigkeiten nachgehen - Frauen beim Sammeln der Buschkost, beim Klopfen der Straußeneierperlen, Männer beim Herstellen der Speere, der Bögen und Pfeile - so waren beim Spielen und bei den Ritualen immer gleich alle dabei. Denn es braucht immer wieder explizit männliche oder weibliche Energie für bestimmte Handlungen, so z. B. bei einem Heilungsritual, in welchem der Medizinmann die Krankheit aus dem Körper des Betroffenen brennt. Dabei bilden ausschließlich die Frauen den energetischen Kreis, um den Heiler in Trance zu halten. Frauen sind genauso gute Spurenleserinnen und Jägerinnen wie die Männer, nur durch die Kinder oft nicht in der Lage, tagelang durch den Busch zu streifen. Insofern wird weibliche und männliche Energie im San Volk gespürt, gefördert und bewusst eingesetzt, ohne dass daraus eine Wertung entsteht.

Reisen-in-Afrika

Wir durften bei unserem Aufenthalt des San Volkes viel erleben und lernen.

Beim Durchstreifen des Busches vom San Volk werden allerlei Käfer und andere Insekten aufgesammelt, denen bei lebendigem Leibe die Beine entfernt werden, damit sie nicht mehr fliehen können. Sie werden dann in die Umhängetaschen gestopft und bei Ankunft im Lager im Feuer kurz geröstet. Manchmal wird auch ein Springhase vom San Volk erlegt, indem einer der Jäger mit einer haken bewährten langen Lanze in den Bau sticht und so versucht, den Hasen zu angeln. Wenn das Tier zu klein ist, wird es oft an Ort und Stelle von den Jägern gebraten. Dies geschieht in einer flachen Sandgrube und da diese Menschen in sekundenschnelle Feuer mit den Händen und ihren Stöckchen entfachen können, ist dies ohne Hilfsmittel überall möglich.

 

🌿 Wir erlebten so viel Freude bei und mit dem San Volk und der Schmerz über den Untergang indigener Kulturen wird spürbar, wenn wir diese auch nur als Hauch erleben dürfen. Möge der Weg des modernen Menschen im Sinne der Schöpfung sein!

 
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In der Nähe der San Buschleute übernachteten wir in Zelten.

 

Bildquellen:

© hecke71 - AdobeStock | © Michael - AdobeStock | © Ines Collmer

Ines Collmer
Ines Collmer ist Wildnispädagogin und leitet seit 15 Jahren Seminare und Ausbildungen. Ihre spirituelle Reise führte sie durch verschiedene Meditationspraktiken und Ausbildungen, darunter MBSR, MSC und Sumarah. Sie wurde spirituell-psychologische Wegbegleiterin und hilft Menschen bei ihren persönlichen Prozessen. Bei ihren Reisen zu "indigenen" Völkern, wie den mongolischen Nomaden, den Penan auf Borneo, den San in Afrika und den Hirten im Himalayagebirge, erfuhr sie viel über ursprüngliche Lebensweisen und Spiritualität.

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