Sprung nach Lappland


Eine außergewöhnliche Zeit
Viele von euch haben sich vielleicht gefragt, warum wir mit den Tagesetappen so schnellen Schrittes vorankommen und mit unseren Ortsbeschreibungen bereits im Norden von Schweden sind, uns mit den Berichten aber noch immer in Deutschland befinden. Die Fragen sind natürlich berechtigt und deshalb kommen hier ein paar Antworten dazu.
Zunächst einmal: 2018 ist für uns ein wirklich verrücktes und abgedrehtes Jahr. Ein Jahr voller Extreme und gleichzeitig voll von einem eigensinnigen Gleichklang. Auf der einen Seite sind im selben Moment tausend Dinge in Bewegung, die alle um Aufmerksam schreien und am besten gleich gestern erledigt sein möchten. Wie ihr wahrscheinlich wisst, haben wir unsere Europa-Reise für fünf Jahre geplant.

Ein alltäglicher Anblick in Lappland: Rentiere beim Überqueren einer Straße (Foto: (C) by Heiko Gärtner
Ein Epos geht zu Ende
Das bedeutet, dass wir uns stark auf das Ende dieses Abschnittes zubewegen. Klar, bedeutet es nicht das Ende unserer Reise, aber trotzdem heißt es, dass wir noch einmal alles neu überdenken und organisieren müssen. Europa war rein vom organisatorischen Aufwand her ein leichtes Pflaster. Amerika hingegen wird da ein ganz anderer Brocken und wir stecken noch immer in den Kinderschuhen, was die Beschaffung der Visa anbelangt.
Gleichzeitig ist uns natürlich auch klar, dass wir bei den immer größer werdenden Distanzen zwischen den einzelnen Orten, nicht ewig so weiter machen können, wie bisher. Es muss eine neue Lösung her, bei der wir nach wie vor zu Fuß reisen und dennoch immer ein erreichbares Ziel bei uns haben können. Unsere Tendenz als Lösung für diese Aufgabe geht nach wie vor zu einem Expeditionsmobil als Begleitfahrzeug. Doch dann müssen wir es schaffen, soweit auch finanziell unabhängig zu sein, dass wir die Kosten für ein solches Mobil begleichen können. Um ohne Geld reisen zu können, darf man nichts besitzen, dass regelmäßige Kosten verursacht. Das ist ja irgendwie logisch. Folglich braucht man für eine Reise mit regelmäßigen Kosten auch regelmäßige Einnahmen.
Aufbau neuer Projekte
Hier kommt dann wieder die Erlebnisgalaxie ins Spiel, die sich gerade in der heißen Entwicklungsphase befindet und die für jeden erledigten Aufgabenpunkt zwei neue ausspuckt. Nicht dass es kein großartiges Projekt wäre, an dem wir gerne arbeiten, aber es braucht wie gesagt Zeit. Es war lange Zeit wie eine Art Embryo für uns oder besser als ein ungeschlüpftes Küken, das gewärmt und behütet werden wollte. Nun ist es geschlüpft und damit braucht es nun Pflege und Aufmerksamkeit um wachsen und gedeihen zu können.
Wie vielleicht schon das eine oder andere Mal erwähnt, war Zeit ja schon immer eines meiner Lieblingsthemen. Dies hat sich bisher nicht geändert, sondern eher noch verschärft. Hinzu kommt der besondere Bonus, dass ich hektisch, unkonzentriert und unstrukturiert werde, wenn ich spüre, dass ich unter Zeitdruck stehe und wenn zu viele Arbeiten gleichzeitig auf mich warten. Und genau das ist nun bereits seit Monaten der Fall. Als wir unsere Reise begonnen haben, gab es für mich jeden Tag einen Bericht zu schreiben. Hin und wieder einmal kam ein besonderer Artikel über unsere Bücher oder etwas Ähnliches hinzu. Heute gilt es neben dem Aufbau der Erlebnisgalaxie, dem Abklären des Amerika-Visums, der Optimierung und Komplettüberholung der Lebensabenteurer-Seite, dem Promoten unserer Bücher und dem Akquirieren neuer Sponsoren, diese Tagesberichte auch noch mit unterzubekommen. Und darin war ich in den letzten Wochen ganz einfach wahnsinnig schlecht.
Innere Themen
Und dann ist da natürlich noch die Psyche. Über den inneren Schweinehund habe ich ja schon geschrieben. Je mehr ich versuche, in Sachen Arbeitseffektivität hinzuzulernen, desto mehr verarscht er mich. Manchmal fühlt es sich buchstäblich so an, als wären da zwei Kräfte in mir. Eine, die produktiv und hilfreich sein möchte und die andere alles daran setzt, um dies zu verhindern. Der Tobias Krüger in mir, den ich gerade abzulegen versuche, ist nun einmal eine faule Drecksau, die niemals mehr tut, als unbedingt nötig. Und der Franz ist noch so unerfahren und weltfremd, dass er damit nicht umgehen kann. Aber wie heißt es so schön: Übung macht den Meister!
Auch Heiko und Shania stecken natürlich in ihren Themen. Bei Shania sieht das Bild ähnlich aus. Obwohl sie ranklotzt wie ein Vieh, ist noch immer nicht abzusehen, wann sie bereits ist, um uns zu begleiten. Heiko hingegen ist in einer Art Endgegnerschaftskampf mit seinem Tinnitus verwickelt, der dazu führt, dass schon seit Wochen die ganze Welt immer in dem Moment laut wird, wenn wir kommen.
Ereignislosigkeit im Außen
Auf der anderen Seite verlaufen die Tage aber überwiegend so gleichförmig, dass man tatsächlich nicht allzu viel darüber berichten kann. Im Medizinrad ist der Norden die Zeit und der Ort für innere Einkehr, für Ruhe, Zurückgezogenheit und anschließendes Neuentstehen. Genau so fühlt es sich auch im Moment für uns an. Es war keine Absicht, ist aber wahrscheinlich auch kein Zufall, dass gerade der Norden die letzte Station unserer Europa-Reise ist. Auf eine gewisse Weise fühlt es sich wirklich wie Tod und Wiedergeburt an. Aber dazu vielleicht später mehr.
Ein wenig Improvisation
Auf jeden Fall habt ihr Recht, wenn ihr es komisch findet, dass ihr noch immer in Deutschland verweilt, während wir schon so hoch oben im Norden sind. In den letzten Wochen hatte ich immer die Hoffnung, mit einem ordentlichen Schwung alles nachholen und euch wieder auf den neusten Stand bringen zu können. Ich muss mir wohl aber langsam eingestehen, dass das bei der momentanen Lage und meiner katastrophalen Arbeitsineffektivität nicht klappen wird. Daher habe ich mir für die nächsten Wochen eine Zwischenlösung überlegt. Eine Lösung, bei der ihr sowohl wieder auf dem aktuellen Stand seit, aber auch die vergangenen Ereignisse nicht verpasst.
Es wird für eine Weile nun immer mal neue und mal ältere Berichte geben, beide so markiert, dass man erkennt, wo wir gerade sind. Sobald wir mit allem wieder auf der Höhe sind, treffen sich die beiden Erzählstränge wieder und gehen einheitlich weiter. Im nächsten Tagesbericht wird es also einen kleinen Sprung nach vorne geben, bis in die weiten bewaldeten Ebenen von Lappland…
Spruch des Tages: Manchmal dürften die Tage locker 48 Stunden haben und es wäre immer noch knapp.
Höhenmeter 150m / 290m / 190m / 230m
Tagesetappe: 14km / 41km / 13km / 29km
Gesamtstrecke: 29.209,27km
Wetter: Überwiegend sonnig und warm
Etappenziel Tag 1608: Kulturhaus, Björkberg, Schweden
Etappenziel Tag 1609: Kleine private Gartenhütte, Rusele, Schweden
Etappenziel Tag 1610: Privates Gästezimmer, Norrbyberg , Schweden
Etappenziel Tag 1611: Versammlungsraum der Kirche, Kristineberg, Schweden
