Wandern im Winter

von Heiko Gärtner
19.02.2019 18:45 Uhr

Wenn wir bislang gedacht hatten, wir hätten so etwas wie Pilgern im Schnee erlebt, dann war das nur ein Schatten von dem, was uns die nächsten Tage erwartete. Denn nun durften wir einmal wirklich unter Beweis stellen, ob wir zum Wandern im Winter richtig aufgestellt und vorbereitet waren.

Winterwanderung in Bayern

Winterwanderung in Bayern

Wandern im Winter in Österreich?

Natürlich hatten sowohl Heiko als auch ich schon einige Wanderungen im Winter erlebt. Heiko hatte als Kind viele Winterwanderungen in den Alpen, im bayrischen Wald und hin und wieder sogar in München gemacht. Ich selbst bin im Winter eher durch den Harz gewandert, da es bei uns im Norden von Deutschland ja nicht viel Auswahl an schönen Bergen mit Winterlandschaft gab. Doch jetzt war es trotzdem noch einmal etwas anderes. Es war unsere Erste Winterwanderung mit Pilgerwagen, bei der der Schnee so extrem hoch lag. Vor allem aber fragten wir uns, ob es wohl wirklich eine gute Idee war, in diesem Winter durch Österreich zu wandern, wenn es hier schon so aussah. Das, was man im Radio über den Winter in Österreich hörte, war vor allem alles andere als beruhigend.

Unterwegs in deutschen Wäldern beim Wandern im Winter

Unterwegs in deutschen Wäldern beim Wandern im Winter

Wenn wir wirklich eingeschneit werden würden, waren wir nicht besonders gut ausgerüstet. Es stellte sich nun eh noch einmal die Frage, was wir zum Anziehen auf einer solchen Winterwanderreise mitnehmen sollten. Heiko überlegte immer wieder welche Jacken und welche Hosen er beim Wandern im Winter im Gepäck haben sollte. Die wirklich dicken Klamotten könnten sich schnell schon als unnötiger Ballast erweisen, während die dünnere Sommerkleidung vielleicht einfach nicht genug war, wenn derartige Schneemassen in unserem Weg lagen. Doch wohin sollten wir in diesem Winter wandern, wenn nicht einmal Österreich eine Option war? Nach Amerika konnten wir noch nicht und wenn wir irgendwo hin wollten, wo es warm ist, mussten wir aus die eine oder andere Weise an den Alpen vorbei.

Als Wandermönch im Schnee um die Welt

Als Wandermönch im Schnee um die Welt

Zu Gast in der Schottenkirche

Mit Shania zusammen machten wir uns zunächst einmal auf nach Regensburg, wo wir im Priesterseminar übernachteten. Es war ursprünglich ebenfalls von einer Gruppe Wandermönche gegründet worden, die ihren Ursprung in Irland und Schottland hatten. Ihre Gründer waren der Meinung gewesen, dass Wandern einen weitaus näher zu Gott bringen konnte, als das Sitzen in einer steinernen Kirche und so begannen sie zu Fuß durch ihr Land zu ziehen. Irgendwann aber hatten sie bereits jeden Stein und jeden Grashalm auf ihrer kleinen Insel gesehen und so beschlossen sie, in die Welt hinauszuziehen.

Ähnlich wie die ersten Franziskaner, waren sie bekannte Heiler und Therapeuten, weshalb sie überall gern gesehen waren. So gründeten sie hier und dort immer mal wieder eine Kirche, bauten eine Kapelle oder richteten sich ein Kloster ein. Daher findet man noch heute, auch wenn es den eigentlichen Orden schon seit langem nicht mehr gibt, überall ihre Spuren. Und wie hier in Regensburg werden sie meist in Gedenken ihrer alten Gründer „Schottenkirchen“ genannt.

Winterwanderung durch Regensburg

Regensburg selbst war etwas trubelig und wuselig aufgrund der unglaublich vielen Menschen, die zeitgleich mit uns auf die Idee gekommen waren, die Stadt zu besuchen. Ansonsten gefiel sie uns deutlich besser, als die meisten anderen Großstädte, die wir nun mit Abstand wieder besuchten.

 

Ein neuer Wintereinbruch

Schon gegen Mittag begann es immer mal wieder leicht zu schneien, wobei es sich zunächst noch sehr im Rahmen hielt. Am Abend wurde es dann etwas stärker und in der Nacht legte es so richtig los. Als wir am nächsten Morgen aufstanden, war alles bereits mit einer dicken, weißen Schicht überzogen. Und noch immer wollte der Schnee nicht damit aufhören, vom Himmel zu fallen.

Mehr Schnee als je zuvor

So schneite es dann in dicken, flauschigen Flocken den ganzen Tag lang. Zentimeterhoch sammelte sich die weiße Schicht auf allem an und verdeckte die Straßen, Häuser und Bäume unter sich. Selbst unsere Wagen waren so eingeschneit, dass wir sie hinter uns kaum noch sehen konnten. Und auch wir sahen wie zwei Schneemänner und eine Schneefrau aus. Heiko und mir machte das noch nicht allzu viel aus, da der schwere Wagen, der hinter uns durch den dicken Schnee gezogen werden wollte, für reichlich Energiefluss im Körper sorgte. Shania hingegen fror wie ein Schlosshund und war schon bald selbst so weiß, dass man sie vom Schnee kaum noch unterscheiden konnte.

Ankunft in Donaustauf

Unser Etappenziel heute hieß Donaustauf, wo wir als Schneemonster mitten in eine Jubiläumsfeier der Diakonie stürmten. Dies führte zwar dazu, dass wir noch eine weile in der Kälte stehen und die Rede des Pfarrers abwarten mussten, brachte uns aber auch Unmengen an kleinen belegten Brötchen ein.

Ein neuer Abschied

Für Shania war es nun bereits wieder Zeit, die Heimreise anzutreten, da sie am nächsten Morgen wieder arbeiten musste. Der Abschied fiel nicht leicht. Denn sowohl ihr als auch Heiko war klar, dass sie uns nun für lange Zeit nicht mehr besuchen konnte.

Damit waren wir nun also wieder zu zweit unterwegs und zogen noch einige Tage weiter durch die Winterwunderwelt, bis die Sonne langsam alles von den Straßen geleckt hatte.

Nomadenpaar

Nomadenpaar

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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