Reisen in Osteuropa: Rau, Wild und Schön
Das Klima für Reisen in Osteuropa ist rau
Heiko Gärtner und Tobias Krüger, die Neumarkter Wander-Weltreisenden, sind immer noch unterwegs
VON VIOLA BERNLOCHER
Ohne eigenes Geld und zu Fuß sind sie immer noch unterwegs. Beim Reisen in Osteuropa ist das Auskommen aber zunehmend schwieriger für die beiden Survival-Experten aus Neumarkt, Heiko Gärtner und Tobias Krüger. Trotz mancher Widrigkeiten haben die beiden auf der Reise ein weiteres Buch fertiggestellt. Es geht um Selbstheilung und Selbstfindung – Themen, mit denen sie auch auf der Reise genug zu tun hatten.
NEUMARKT — Seit zwei Jahren und acht Monaten sind Heiko Gärtner und Tobias Krüger unterwegs. Zu Fuß und mit einem kleinen Wagen, den sie hinter sich herziehen, für das nötigste Gepäck. Zwei Jahre und acht Monate, in denen sie nicht mehr zuhause waren, in denen die Welt ihr Zuhause wurde. Während sie sich zu Beginn ihrer Weltreise noch in den wohlhabenden Nachbarländern Deutschlands aufhielten, haben sie sich in diesem Jahr aufgemacht zum Reisen in Osteuropa. Und das hatte es in sich.
„Dieses Jahr war wirklich das Jahr des Überlebens“, sagt Heiko Gärtner. Von Italien sind sie im Frühjahr gestartet, durch Griechenland gezogen, weiter nach Bulgarien, Rumänien, Moldawien, die Ukraine, Ungarn, die Slowakei, Polen und schließlich nach Tschechien. In Slowenien hatten die beiden Weltreisenden Besuch aus der Heimat. Auf einer Berghütte hatten sich Heiko Gärtners Eltern eingemietet. Hier konnten die Weltwanderer einmal verschnaufen und kurz Pause machen.
Ansonsten gönnen sich die beiden keine Ruhe, laufen oft weite Strecken. Zwangsweise. Denn an manchen Orten möchte man beim Reisen in Osteuropa nicht verweilen. Denn der Osten ist gefährlich, besonders für Reisende. „Am Wochenende ist es am besten, man bleibt unter dem Radar und hält sich von Siedlungen fern“, sagt Heiko Gärtner. Denn die Menschen dort seien oft das ganze Wochenende sturzbetrunken und dann nicht gerade umgänglich. „Am besten du versteckst dich, bevor du eine Gruppe örtlicher Jugendlicher, die vor deinem Zelt stehen, mit dem Bärenspray vertreiben musst“, schiebt er nach.
Vergewaltigungen an der Tagesordnung
Hinzu komme die allgemeine Grundhaltung in der Gesellschaft, wie die beiden Reisenden es empfinden. „Eine junge Frau hatte uns gefragt, ob sie sicher in diese Gebiete reisen kann, und wir mussten ihr abraten. Vergewaltigung ist hier an der Tagesordnung. Die Frau ist in diesen Ländern eine Ware. Das akzeptieren die Männer, aber auch die Frauen. Die versuchen, den besten Fang auf dem Heiratsmarkt zu machen und sich so abzusichern“, berichtet Heiko Gärtner.
Als Mann könne man relativ unbeschadet reisen, behelligt werde man manchmal trotzdem, wenn man sich nicht „unsichtbar mache“. Während ihnen in Frankreich, Italien und auch noch in Griechenland die Menschen freundlich und mit Interesse für ihr Anliegen, mit jedem gelaufenen Kilometer Spenden zu sammeln, begegneten, sind sie derzeit froh, wenn ihnen überhaupt so etwas wie Wohlwollen und nicht unverhohlene Ablehnung und Misstrauen entgegenschlagen. Es sei oft eine mühsame Suche beim Reisen in Osteuropa nach Schlafplätzen, auch Pfarrhäuser und Klöster seien keine sichere Anlaufstelle mehr. Selbst in Supermärkten sei das Essen kaum genießbar. „Es gibt fast nur Billig-Brot und sehr eklige Wurst mit Knorpeln, Sehnen und viel Glutamat drin.“
Die Landschaft habe sie erschreckt, aber auch fasziniert. „In Rumänien gab es Gegenden, da führte die Straße durch ein Maisfeld und man wandert den ganzen Tag nur durch dieses eine Maisfeld. Da weiß man, das kann nicht richtig sein. Kein Wunder, dass die Natur verrückt spielt und Pilze und Seuchen entstehen, bei so viel Monokultur.“ Auch anderen Naturfrevel haben sie gesehen. „Wir waren in einem Gasfeld in Polen. Da konnte man einfach so durch Spazieren. Das war nicht abgesperrt.“
Oder eine Hühnerfarm: „Da drin leben 1,2 Millionen Hühner. Das muss man sich erst mal vorstellen“, sagt Gärtner. „Das sind Dinge, die sind unglaublich spannend, wenn man wirtschaftliche Zusammenhänge kapieren will“, sagt Gärtner und spielt damit unter anderem auf die Ausbeutung in Ländern mit niedrigerem Lebensstandard und Lohnniveau an.
Aber auch Begegnungen anderer Art hatten sie während ihrer Zeit beim Reisen in Osteuropa. „Wir wollten zur ukrainischen Grenze. Aber wir hatten einen Schatten. Eine Hündin ist uns drei Tage gefolgt, obwohl wir sie nicht gefüttert haben. Und jetzt erklär’ mal den ukrainischen Grenzern, dass das nicht dein Hund ist.“ Irgendwie mussten sie die Hündin also wieder loswerden, aber so, dass sie jemand finden und sich ihrer annehmen konnte. Sie sperrten sie in Gärten von Häusern ein, leeren Schulhöfen, auf Firmengeländen, aber immer wieder schaffte sie es, ihrem Kerker zu entkommen und war spätestens nach einer halben Stunde wieder an der Seite ihrer Reisenden. Es dauerte drei Tage, bis die Methode fruchtete und der Zaun dann doch zu hoch war. „Wir hatten noch zwei Tage nachher Verfolgungswahn und haben geglaubt, Pfoten trappeln zu hören“, erzählt Tobias Krüger.
Die Heilkraft der Natur nutzen
Die Etappe beim Reisen in Osteuropa hat den beiden Reisenden nicht nur körperlich viel abverlangt, sondern auch geistig. Besonders Krüger hat einen sehr radikalen Selbstfindungsprozess durchgemacht. Er möchte jetzt in der Nachfolge von Franz von Assisi als Mönch leben. In Verbindung mit Gott und der Natur. „Die Natur wirft dich immer wieder auf dich selbst zurück. Die Natur ist ein krasser Heiler“, sagt Heiko Gärtner, der den Prozess miterlebt hat. „Jeder verbiegt sich irgendwo für die Gesellschaft. Die Natur ist daran interessiert, dass ich in mein Sein komme. Und wenn du lange in der Natur unterwegs bist, kannst du nicht anders, als du selbst zu sein.“
Erkenntnisse, die sich auch in ihrem neuen Buch finden. Es dreht sich um die Themen Selbstfindung und Selbstheilung. Der Titel steht fest: „Die natürliche Heilkraft der Bäume“. Es sollte ein kurzes, kompaktes Werk werden, darüber, wie man seine Selbstheilungskräfte aktiviert und die Heilkraft der Natur nutzt. Gärtner gibt mit Grundtexten den Kurs vor, Krüger ist für den sprachlichen Feinschliff zuständig. „Wenn man in Geschichten erzählt, sind viele Inhalte besser verständlich. Das kann Tobias am besten“, erklärt Gärtner.
Kurz und kompakt sollte das Buch dennoch werden. Aber wenn man selbst noch mit einigen Lektionen kämpft, die im Buch beschrieben werden, ist das gar nicht so einfach, berichtet Tobias Krüger. „Manchmal war das Buch die Hölle“, sagt er. Das Wissen darin haben sich die beiden bei vielen Begegnungen mit Naturvölkern angeeignet. Es spiegelt aber auch eigene Erkenntnisse, Erfahrungen und Erlebnisse auf der Reise wider.
Für den Winter werden sich die beiden Weltenwanderer wieder andere Länder suchen. Derzeit ziehen sie beim Reisen in Osteuropa gen Österreich. Dorthin, wo es auch im Winter zumindest halbwegs warm ist und sich so manche Pforte eines Pfarrhauses schneller öffnet als im wilden Osten. Wo sich die beiden gerade aufhalten, findet man im Übrigen auf der Website von Heiko Gärtner (www.heiko-gaertner.de) Dort gibt es auch detaillierte Berichte der beiden von ihrer Reise.
INFO: Das Buch „Die natürliche Heilkraft der Bäume“ ist ab 11. November im mvg-Verlag erhältlich und kostet 19,99 Euro.
Aktuelles zum Reisen in Osteuropa:
Bevor die schöne und erholsame Reise zu den Nationalparks oder zum Strandurlaub in Osteuropa los geht, sollte man sich über die Reisewarnung vorab informieren. Wer sich gezielt aufgrund der Corona Pandemie über aktuelle Entwicklungen in einzelnen Ländern Mittel- und Osteuropas informieren will, findet entsprechende Übersichten auf den Länderseiten des Auswärtigen Amts. Auch einzelne Auslandshandelskammern bieten auf Ihren Internetseiten Informationen an.
Interessanter Urlaub in Osteuropa im Outdoor Paradies Albanien. Zu einem echten Outdoor-Paradies hat sich in den letzten Jahren Albanien gemacht und bietet eine tolle Möglichkeit, Urlaub in Osteuropa zu machen. Ob auf Wanderungen, bei einem anspruchsvollen Trekking oder mit dem Rad – die unterschiedlichen Landschaften sind wie dafür gemacht, beim Urlaub in Osteuropa aktiv entdeckt zu werden.