Birkenpech herstellen: Anleitung, Verwendung und Alternativen

von Heiko Gärtner
16.10.2021 20:28 Uhr

Wie kann man Birkenpech selber herstellen?

Birkenpech herstellen, braucht man das überhaupt noch in der modernen Zeit? Wieso sollte man noch Birkenpech selbst herstellen, wenn es doch viele Kunstharzkleber gibt? Im Internet ist es nicht so schwer eine Anleitung zu finden, wie man Birkenpech herstellen kann, die Frage ist nur, wie effizient sind diese Anleitungen. Der Survival Experte Heiko Gärtner will mit euch dieses Thema ausarbeiten, wie man selbst Birkenrinde ohne Topf gewinnen kann. Selbst einen Harzkleber stellen wir euch kurz vor und vergleichen somit die unterschiedliche Klebekraft. Denn Klebemittel in der Natur zu finden ist nicht ganz so einfach wie man denkt, wenn man jedoch den Blick dafür gewonnen hat, dann kann man sehr leicht und mit wenig Aufwand einen genialen Naturkleber herstellen, der zugleich noch wasserdicht Dinge verschließen kann. Oft braucht man natürliche Klebstoffe beim Bootsbau oder wenn man Gefäße aus Rinde oder Holz herstellen will und diese mit Birkenteer oder Harzkleber abgedichtet werden sollen.

Wofür benötigt man Birkenpech?

Wenn man die Frage klären will, wofür Birkenpech gut ist, muss man Birkenpech zunächst als das bestimmen, was es ist.

Definition Birkenpech:

Birkenpech ist ein starker, wasserfester Kleber.

Immer wenn ihr einen wasserfesten und starken Kleber in der Natur braucht, dann eignet sich die Birkenpech Herstellung. In der Wildnis- und Survivalbranche, sowie in der experimentellen Archäologie wird Birkenpech selber hergestellt um einfache Werkzeuge und deren Einzelteile miteinander zu verbinden. Auch Prepper trainieren die Birkenpech-Herstellung, da es in einer internationalen Krise durchaus sein kann, dass man nicht beim nächsten Supermarkt einfach einen super starken und wasserfesten Kleber kaufen kann.

Birkenpech wird in der Wildnisbranche gerne selber hergestellt um damit Werkzeug kleben zu können.

Birkenpech wird in der Wildnisbranche gerne selber hergestellt um damit Werkzeug kleben zu können.

 

Die häufigsten Anwendungen von Birkenpech in der Survivalszene und Wildnispädagogik:

  • Dichtmittel für Holzgefäße
  • Dichtmittel für Rindenschalengefäße
  • Dichtmittel für ein Rindenkanu oder Einbaum
  • Dichtmittel für Holzfässer
  • Dichtmittel für Birkenrindendächer oder anderen Dachkonstruktionen
  • Ankleben von Pfeilspitzen, die danach mit Tiersehne umschlungen werden.
  • Ankleben von Speerspitzen, die ebenfalls mit Tiersehnen befestigt werden.
  • Birkenpech ist auch ein Langzeitbrennstoff, der wie eine Kerze verwendet werden kann.

Wenn man Birkenpech als Langzeitbrennstoff verwenden will, muss man beachten, dass tropfendes Birkenpech sehr heiß ist und starke nachhaltige Verbrennungen verursacht. Wenn heißes hergestelltes Birkenpech auf die Haut kommt, schmilzt die Haut und verklebt sich mit dem Birkenpech und aus diesem Grund ist Birkenpech niemals als Fackelbrennstoff zu benutzen. Gebt Birkenpech, wenn ihr es als Lichtspender verwenden wollt, in ein nichtbrennbares Gefäß und entzündet es nur ein kleines bisschen. Tastet euch an die richtige Menge beim Birkenpech heran, so dass euch nichts passieren wird.

Wir gehen ganz bewusst nicht nur auf die Birkenpech-Herstellung ein, sondern auch wie man aus anderen sehr stark harzigen Bäumen Harzklebstoff herstellen kann. Birkenpech herstellen ist zwar die einfachste Methode, es gibt jedoch nicht in jedem Gebiet ausreichend Birken, um überall nach der Birkenpech-Anleitung einen natürlichen Kleber herzustellen.

Am besten eignet sich durch den hohen Harzgehalt die Fichte und die Kiefer, denn sie sind in unseren Breitengraden sehr häufig und können daher gut als Bezugsquelle dienen. Kiefern und Fichtenrinde eignet sich neben Birkenrinde aufgrund ihres hohen Harzgehaltes ebenfalls sehr gut zur Pechherstellung. Man kann also Alternativ zu Birkenpech auch Fichtenpech und Kiefernpech herstellen.

fichten

Fichten und Kiefern enthalten am meisten Harzgehalt.

 

Wann wurde entdeckt, dass man mit Birkenrinde Birkenpech herstellen kann?

2001 stand die Welt Kopf als in Campitello in Italien von Archäologen zwei Steinzeitartefakte gefunden wurden. Denn auf den Artefakten fand man eine schwarze organische Substanz, die man bis dato noch nie bei Ausgrabungen gefunden hatte. Der gefundene Steinzeitkeil machte den Anschein, als wäre er mit der schwarzen Substanz in einen Holzschaft geklebt worden. Das erste Mal konnte man mit eigenen Augen sehen, wie in der Steinzeit ein Steinzeit-Beil mit Birkenpech verklebt wurde. Eine Analyse ergab, dass der Fund wahrscheinlich circa 200.000 Jahre alt ist und da ich mich eingehend mit diesem Thema beschäftigt habe, erwähne ich sehr bewusst circa 200.000 Jahre, da wir in der Archäologie mit der Zeitrechnung eher schätzen als etwas wissen. Birkenteer war trotz allem das älteste Material, das bis dahin gefunden wurde, was der Mensch selbst hergestellt hat. Bereits die Neandertaler waren wahrscheinlich damit betraut wie man Birkenpech selber herstellt.

In der experimentellen Archäologie fand man heraus, dass circa 100.000 Jahre bevor die Keramik erfunden wurde, Birkenpech bereits durch den Menschen hergestellt wurde. Wie konnten sie also ohne Gefäße Birkenpech selber herstellen? Das heißt im Umkehrschluss, dass der Neandertaler schon mit dem Klebstoff Birkenteer ohne Keramik gearbeitet haben muss. Wie konnte also der Neandertaler den Birkenteer zubereiten?

 

Wie wird Birkenteer und anschließend Birkenpech hergestellt?

  1. Birkenteer wird durch die trockene Destillation von Birkenrinde gewonnen.
  2. Die Birkenrinde muss unter Luftabschluss bei 350-500 °C erhitzt werden.
  3. Die Vorstufe von Birkenpech ist Birkenteer. Nur durch längeres Erhitzen kann aus dem Birkenteer, reines Birkenpech gewonnen werden.
  4. Es darf nur Rinde verwendet werden, denn Birkenpech aus Holz klebt nicht.

All das mussten also die Neandertaler schon wissen. Die Frage ist nun: Wie konnten die Neandertaler ohne Keramikgefäße das Birkenpech herstellen? In der Universität Leiden ging man diesem Mysterium auf die Spur: Wie konnten die Neandertaler ohne Anleitung Birkenpech herstellen? Es muss also eher zufällig passiert sein, da Birkenrinde einer der besten Grillanzünder der Welt ist, vermutet Heiko Gärtner, der selbst als Steinzeitpilger 3.300 Kilometer gewandert ist, dass es eher Zufall war. Denn was die Wissenschaftler herausgefunden hatten war, dass gerollte Birkenrinde, die auf glühend heißen Kohlen lag, genügend Birkenpech abgesondert hat, so dass man Steinzeit Werkzeuge hätte herstellen können. Natürlich war dieses Verfahren noch nicht effizient und es geht viel Birkenpech verloren, jedoch war die Birkenpech-Herstellung damit geboren. Die Anleitung ist ganz einfach: gerollte Birkenrinde auf glühende Kohlen legen, das entstandene Birkenpech mit einem Stock aufnehmen und die Pfeilspitzen zum Beispiel verkleben.

Die experimentellen Archäologen aus Leiden konnten also den Beweis erbringen, dass es sehr wohl möglich ist, Birkenpech auch ohne Topf herzustellen. Auch Survival Experten freute die Erkenntnis, denn nicht nur ein mal wurde Heiko Gärtner gefragt, wie man Birkenpech ohne Topf herstellen kann. Schließlich hat der echte Survival Freak nicht ständig einen klappernden Topf am Gürtel hängen.

Eine Birkenpechdestille mit dem Ein-Topf-Verfahren herstellen.

Eine Birkenpechdestille mit dem Ein-Topf-Verfahren herstellen. © Jorre - commons.wikimedia.org/wiki/File:Birkenpechdestille_Eintopfverfahren.JPG#/media/File:Birkenpechdestille_Eintopfverfahren

 

Konnte die Medizin von der Birkenpech Herstellung profitieren?

Das Spannende daran ist, dass Birkenteer nicht nur als Klebstoff verwendet wurde. Man geht davon aus, da man auf einigen Birkenteerstücken Kaufspuren gefunden hat, ob Birkenpech nicht auch als medizinisches Medikament eingesetzt wurde. In der Antike und im Mittelalter gibt es Aufzeichnungen, die belegen, dass Birkenpech gegen Würmer eingesetzt wurde. In der heutigen Naturmedizin wird Birkenteersalbe hergestellt die bei Hautkrankheiten eingesetzt wird.

 

Wie kann ich eine Pechsalbe herstellen?

Die Zutaten sind:

  • 80 ml Olivenöl kaltgepresst
  • 10 g Bienenwachs
  • 30 g Harz

Das war's dann auch schon, denn die Pechsalbe ist nicht so schwer aufgebaut. Das Birkenpech kann sogar durch Fichtenharzpech oder Kiefernharzpech ersetzt werden, je nachdem, welche Pechsalbe ihr erzeugen wollt.

Nun braucht ihr zur Birkenpech Herstellung zwei leere Gläser die ohne Rückstände sind. Einen Topf mit Wasser und ein altes Sieb. Füllt zunächst das Olivenöl in das Glas und erhitzt das Glas nun im Wasserbad bis das Harz - bzw. Birkenpech darin schmilzt. Rührt das Gebräu mit einem Holzstab gut um. Nehmt nun das Glas und gießt es durch das Sieb in das zweite Glas, so dass alle Rückstände im Sieb bleiben. Stellt das gesiebte Öl-Pech bzw. Harz-Gemisch erneut in ein Wasserbad und erwärmt das Wasser. Gebt nun Bienenwachs hinzu und erwärmt es bis das Wachs schmilzt und ihr es gut einrühren könnt. Füllt nun die Salbe in ein sauberes kleines Gefäß, das ihr später, wenn die Salbe abgekühlt ist, luftdicht verschließen könnt. Beschriftet daraufhin die Salbe mit dem Datum der Herstellung und um welche Pechsalbe es sich handelt.

Bevor ihr die Salbe großflächig ausprobieren wollt, solltet ihr die hergestellte Pechsalbe erst auf einem kleinen Hautareal ausprobieren, so dass allergische Reaktionen frühzeitig sichtbar werden und es nicht zu einem anaphylaktischen Schockzustand kommen kann.

Um eine Pechsalbe herzustellen braucht ihr etwas Bienenwachs.

Um eine Pechsalbe herzustellen braucht ihr etwas Bienenwachs.

 

Mit welchen Arten kann man Birkenpech gewinnen?

Es gibt die Variante, die der Neandertaler angewendet hat. Wenn ihr “Birkenpech herstellen ohne Topf” sucht, seid ihr mit der Steinzeittechnik sehr gut bedient. Hier müsst ihr nur darauf achten, dass die Birkenrinde gut gerollt ist und ihr glühende Kohlen aus einem sehr heiß brennenden Holz verwendet. Im Selbstexperiment hat Holunderholz bei Heiko Gärtner sehr gute Dienste geleistet, denn mit dem hergestellten Birkenpech konnte er 10 Pfeilspitzen verkleben.

Spätere Herstellungsmethoden von Birkenpech waren deutlich raffinierter. Im Mittelalter zum Beispiel wendete man schon die Pyrolyse, also die trockene Destillation an. Chemische Untersuchungen haben aufgezeigt, dass schon im Mittelalter durch den Verschwellungsprozess Birkenpech hergestellt wurde.

In der Steinzeit hingegen so wie im Mittelalter wurde das Birkenpech als Allzweckkleber verwendet. Es wurde vor allem zu Schäften von Werkzeugen verwendet und zur Herstellung von Waffen. Einige Archäologen vermuten, dass Birkenpech auch als sogenannter Steinzeitkaugummi oder zur Zahnpflege verwendet wurde.

Konnte Birkenpech bei einem Steinzeitmensch auch als Zahnpflege eingesetzt werden?

Konnte Birkenpech bei einem Steinzeitmensch auch als Zahnpflege eingesetzt werden?

 

Welche Verfahren werden in der Survival- und Wildnisbranche angewendet?

Hier gibt es das Ein-Topf-Verfahren und das Zwei-Topf-Verfahren und das sind die gängigsten Methoden. Die Steinzeitmethode wird nur selten genutzt, ist aber sehr spannend, wenn man es besonders hart und anstrengend haben will. Wir wollen uns jedoch auf die Methoden spezialisieren, wie auch ein Anfänger Birkenpech leicht selber herstellen kann.

Birkenpech herstellen über das Zwei-Topf-Verfahren

 Wer Birkenpech herstellen will, braucht Zeit, sehr viel Zeit, denn m an muss circa mit 7 bis 8 Stunden rechnen.

Material zum Herstellen von Birkenpech:

  • Birkenrinde
  • stabiles Metallgefäß (Topf o.ä.) mit passendem Deckel, der ein Loch haben muss (5-10mm)
  • Wichtig ist, dass das Gefäß keine zu dünnen Wände hat, da bei  der Pechherstellung  ein Unterdruck entsteht, der es
  • sonst zusammenziehen würde
  • Drahtgitter, dass in die Gefäßöffnung passt
  • kleinere Metalldose ohne Deckel
  • eine kleine Schaufel
  • Lehm
  • Feuer
Die Grundregel ür die Birkenpech Herstellung lautet: Wir skalpieren keine frischen und lebendige Birken!

Zunächst müssen wir Birkenrinde sammeln und das machen wir bei alten umgefallenen Bäumen. Es wird jedoch nur die rein weiße Birkenrinde gesammelt und nicht die verholzte Borke. Ob von lebendigen oder abgestorbenen Bäumen würde keine Rolle spielen, wir nehmen trotzdem nur die Rinde von den toten Bäumen. WICHTIG: Wir benötigen zur Birkenpech-Herstellung nur die weiße dünne leicht abschätzbare Rinde, denn hierbei werden die meisten Fehler gemacht.

Es wird nur tote Birkenrinde zur Herstellung von Birkenpech verwendet, von alten umgefallenen Bäumen.

Es wird nur tote Birkenrinde zur Herstellung von Birkenpech verwendet, von alten umgefallenen Bäumen.

 

Eure gesammelte Birkenrinde zerkleinern und den Topf randvoll und gut gepresst damit füllen (evtl. durch Drauftreten komprimieren). Schaut dabei euren Topf gut an und fragt euch dann wie viel Birkenrinde ihr sammeln müsst. In unserem Fall waren das 2 ganze Jutebeutel voller Birkenrinde.

Bei der Topfwahl könnte man an sich jeden beliebigen Topf verwenden. Es bietet sich jedoch ein Topf an, bei dem der Topfknopf auf dem Deckel abgeschraubt werden kann. Schraubt man diesen nämlich ab, hat man genau das Loch, was man braucht, so dass kein abfälliges Druckverhältnis entstehen kann. Wenn der Deckel kein Loch hat, muss man ein Loch mit einem Durchmesser von 6-8 mm in den Deckel bohren.

Nun braucht ihr die Dose und wenn ihr eine schon vorbereitete Feuerstelle habt, nutzt gleich diese. Falls ihr noch keine vorbereitete Feuerstelle habt, legt euch einen Steinkranz und entfernt die 10 cm große Erdkrume. Nun grabt ihr ein Loch in der Mitte der Feuerstelle was genauso tief sein soll, dass die Dose bündig mit der Erdoberfläche versenkt werden kann. Stellt die Dose in das Loch und befüllt die Ränder so, dass die Dose fest steht, aber die Dose selbst kommt keine Erde. Wenn Erde in die Dose fällt, entfernt diese und säubert sie, da später in der Dose das Birkenpech aufgefangen wird.

Wenn ihr den Topf nun mit Birkenrinde schon gut gefüllt und gepresst habt, legt nun das Drahtgeflecht über die Birkenrinde und setzt anschließend den Deckel auf den Topf. Das Drahtgeflecht darf dabei nicht über den Topfrand stehen, so dass der Deckel einwandfrei schließen kann. Das Drahtgeflecht dient dazu, dass beim Brennvorgang die runter fallende Birkenrinde das Abtropfloch im Deckel nicht verstopfen kann. Da durch die Hitze Bewegung in der Birkenrinde entstehen könnte, wäre es außerdem möglich, dass mit einem Birkenrindenteil das Abtropfloch überdeckt werden könnte. Aus diesem Grund solltet ihr penibel darauf achten, dass dies durch das Einbringen des Hasengitters genau das nicht passieren kann.

Nehmt nun den Topf, dreht diesen um und setzt den Deckel des Topfes so auf die in der Erde versenkte Dose, so dass beim Erhitzungsvorgang, das Birkenpech in die Dose laufen kann. Der Topf steht also nun verkehrt herum auf der Feuerstelle. Der Deckel ist dabei so ausgerichtet, dass das spätere Birkenpech in die versenkte Dose fließen kann. Die Dose, die ihr versenkt habt, ist also das Gefäß, das die Birkenrinde auffängt. Aus diesem Grund muss die Dose so groß gewählt werden, dass das produzierte Birkenpech auch aufgefangen werden kann.

Bei zwei Jutebeuteln voller Birkenrinde in meinem Topf hatte ich circa 40 Gramm Birkenpech gewonnen.

ACHTUNG: Der Deckel muss mit dem Topf Luftdicht verschlossen werden und der Topf muss zusätzlich so fixiert werden, so dass er nicht von der Dose rutschen kann. Wenn das Feuer brennt und die Hitzespannungen eintreten, kann dies leicht passieren.

Durch die Hitze bewegt sich die Birkenrinde, deshalb muss man gut auf die Hitzespannungen achten.

Durch die Hitze bewegt sich die Birkenrinde, deshalb muss man gut auf die Hitzespannungen achten.

 

Wie luftdicht muss der Lehm aufgetragen werden?

Den Topfdeckel könnt ihr nun mit dem Lehm luftdicht abschließen, denn hier gilt die Regel, viel hilft viel. Seid hier bitte nicht zu sparsam. Lehm gibt es an jeder Stelle, hier müsst ihr nicht sparen, also nicht kleckern, sondern klotzen. Je mehr ihr den Lehm um den Topf streicht, desto fixierter und luftdichter ist er auch. Wichtig dabei ist, dass kein Sauerstoff eintreten kann! Denn genau das wollen wir erreichen.

Nun brauchen wir das gesammelte Brennholz. Und ja, wir brauchen viel Brennholz und vor allem Holz, das sehr heiß brennt, denn ihr solltet vor allem eine gute Anfangshitze erreichen. Mit Holunderholz konnte ich bis dato am meisten Birkenpech gewinnen, da man mit dem Holz sehr hohe Temperaturen erreichen kann. Wichtig zum Einschätzen ist, wie viel Holzvorrat man braucht, da das Feuer circa eine Stunde lang ununterbrochen lodernd brennen muss. So liest man es immer in den Büchern. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass man mindestens eine halbe Stunde feuern muss, es aber auch oft bis zu zwei Stunden dauert, bis man das gesamte Birkenöl gewonnen hat. Das heißt im Klartext, man muss einige male ordentlich Feuerholz nachlegen und lieber etwas länger als zu kurz.

Wenn das Feuer ausgegangen ist und der Topf erkaltet ist, könnt ihr den Lehm abklopfen und den Topf entfernen.

VORSICHT: Beim Öffnen des Topfes auf frei werdende Gase achten: Diese enthalten Dioxin und Schwefel und sind somit giftig. Die verkohlte Birkenrinde hingegen wird später noch zum Strecken benötigt.

Beim Öffnen des Topfes solltet ihr zudem vorsichtig sein, so dass kein Schmutz in die Dose mit Birkenöl fällt. Es wäre doch schade, wenn das hart gewonnene Birkenöl sofort verunreinigt werden würde. Wenn ihr alles richtig gemacht habt, dann schaut nun in die Öffnung der Dose und seht euer neues flüssiges Birkenöl.

Mit Holunderholz kommt man auf sehr hohe Temperaturen.

Mit Holunderholz kommt man auf sehr hohe Temperaturen.

 

Weiter geht's mit dem Rohprodukt Birkenöl

Nachdem wir die Birkenrinde erhitzt haben, sind wir nun im Zustand von Birkenöl angekommen. Um das Rohprodukt Birkenöl, weiterzuverarbeiten, nehmen wir die Dose aus der Erde und erhitzen dieses auf kleiner Flamme. Wichtig dabei ist, dass das Birkenöl zu keiner Zeit kochen darf! Um eine klebrige Konsistenz zu erhalten, wird das Birkenöl auf einem Holzfeuer eingekocht, aber es darf auf keinen Fall aufschäumen! Dann muss die Dose sofort von der Flamme genommen werden, ansonsten wird es unbrauchbar. Es sollte daraufhin streichbar sein, nicht verlaufen, keine Fäden ziehen und auch nicht zu hart oder spröde werden. Dieses kann mehrere Stunden dauern. (In meinem Fall waren es einmal 5 Stunden und das zweite Mal sogar sechs Stunden, hier habe ich sogar im Winter Birkenpech hergestellt.)

Um die Festigkeit zu erhöhen, kann die fein geriebene Asche der verkohlten Rinde untergerührt werden. Dabei darf man jedoch nicht zu viel verwenden, da das Pech sonst körnig wird und sich seine Qualität somit verschlechtert. Sobald ihr durch das Einrühren der Birkenasche eine sämige Masse erreicht habt, ist dies quasi fertiger Birkenkleber. Nun muss er nur noch mehrere Stunden erhitzt und gerührt werden, wie oben beschrieben. Das Rühren ist deswegen so wichtig, da es der schwarzen Masse Feuchtigkeit entzieht. Je sorgfältiger ihr rührt und die Temperatur haltet so dass der Kleber nicht kocht aber auch nicht zu kalt wird, umso besser ist der spätere Naturkleber. Denn falls das fertige Birkenpech kalt wird, ist es steinhart. Wenn ihr nun den Naturkleber verwenden wollt, dann nehmt euch ein Stück vom hergestellten Birkenpech, erwärmt es kurz über einer Kerze formt es und klebt zum Beispiel einen Federkiel an einen Pfeil fest. Fertiges Birkenpech kann mit eurer Handwärme jederzeit wieder formbar gemacht werden, so dass es gut verklebt werden kann. Flüssigeres Birkenpech funktioniert eher wie ein Flüssigkleber, daher braucht dieser länger zum Aushärten, entfaltet aber die gleiche Klebekraft.

Welche Technik zur Birkenpech Herstellung eignet sich am effektivsten?

Da das Zwei-Topf-Verfahren deutlich aufwendiger ist als das Eintopfverfahren, sollte diese Anleitung zur Birkenpech Herstellung nur dann verwendet werden, wenn ihr genügend Zeit habt und das hochwertigste Birkenpech herstellen wollt. Das Zwei-Topf-Verfahren liefert bei weitem das beste Birkenpech mit der höchsten Klebekraft und Wasserdichtigkeit. Alternativ sollte ein Ein-Topf-Verfahren immer dann bevorzugt werden, wenn es sich um eine Survivalsituation handelt. In unseren Survival Kursen und Ausbildungen zeigen wir, wenn gewünscht beide dieser Techniken. Jedoch wird zumeist die Survival Variante bevorzugt, so dass man so schnell wie möglich an Birkenpech gelangen kann. Birkenpech selber herstellen, heißt nicht immer, dass man die beste Qualität erreichen will, es kann auch heißen, dass man in einer Notsituation so schnell und mit so wenig Aufwand wie möglich Birkenpech herstellen möchte.

In unseren Survival Kursen zeigten wir wenn erwünscht, immer beide Techniken der Birkenpech Herstellung mit Holz.

In unseren Survival Kursen zeigten wir wenn erwünscht, immer beide Techniken der Birkenpech Herstellung mit Holz.

 

Birkenpech herstellen über das Zwei-Topf-Verfahren

Auch hier muss die Birkenrinde so gut es geht in den Kochtopf gestopft werden, denn je weniger Hohlräume, desto besser. Verschließt nun den Behälter und stellt diesen erst einmal zur Seite. Entzündet daraufhin ein Feuer, wie oben beschrieben und lasst dabei das Holz runterbrennen, so dass ihr ein Glutbett erzeugen könnt und der Behälter flächig auf dem Glutbett stehen kann. Da die Temperatur im Behälter nicht so groß werden soll, müsst ihr bei dieser Methode etwas vorsichtiger beim Schüren sein. Das Feuer soll also nicht zu groß um den Behälter sein und genau hier besteht die Krux. Nachdem ihr ein großes Feuer entzündet habt und es habt abbrennen lassen, bis nur noch Glut da war, erzeugt ihr eine ebene Glutfläche. Nun dürft ihr den Topf mittig auf die Glut geben und kleines Geäst, das gleich Feuer fängt um den Topf. Legt nun rund um den Topf euer Holz, so dass eine gleichmäßige aber nicht zu starke Hitzeeinwirkung auf den Topf zukommt, denn dies ist besonders wichtig, wenn ihr ein gutes Ergebnis erzielen wollt. Nach ungefähr 2 Stunden sollte die Pyrolyse abgeschlossen sein, somit lasst ihr das Feuer einfach niederbrennen. Stellt den Topf auf die Seite und lasst ihn einige Minuten abkühlen.

Ist Birkenpech giftig?

Da Druckverhältnisse und giftige Gase durch die Erwärmung ausströmen können, solltet ihr den Deckel mit einem Stock oder zwei Stöcken abheben und nicht zuviel davon einatmen. Schließlich ist es ein schwarzer teerartiger Rückstand. Kratzt nun das angesammelte Birkenpech von den Topfwänden aber auch dem Topfboden. Durch das abkratzen sammelt ihr das Birkenpech ein und wenn das Birkenpech am Stock abgekühlt ist, könnt ihr es auch mit der Hand anfassen. VORSICHT: Beim Öffnen des Deckels und beim Anfassen des Birkenpechs am Stock haben sich schon viele Hobby Steinzeit Experten die Finger verbrannt. Kratzt nun das Birkenpech vom Stock und formt es zu einer Kugel, jetzt könnt ihr das Birkenpech lagern und später zum Kleben verwenden.

 

Findet sich das Birkenpech in der Medizin wieder?

Das Birkenpech oder auch Pechöl wurde als Salbe oder mit Schweinefett gemischt, sogar als Wagenschmiere verwendet. Auch in der Tiermedizin kommt es heute noch zum Einsatz und so wird es Pferden bei Strahlfäule auf den Huf aufgetragen. Bei Rindern, die auf der Alm an Larvenbefall leiden, wird das Pechöl als Desinfektionsmittel für die betroffenen entfernten Hautteile verwendet.  

Wie kann ich einen Harzkleber selber herstellen?

Eine weitere sehr beliebte Methode unter den Survival Experten ist die Herstellung von Harzkleber. Je mehr Harz ein Baum hat, desto besser ist er geeignet um die Harzbrocken aus den Wunden des Baumes zu entfernen. Da man eh nur das oberflächliche Harz gewinnen kann, müsst ihr euch keine Sorgen machen, dass ihr den Baum dadurch schaden würdet. Wir verschließen unsere Wunden auch mit einem Schorf, der später abgehen darf, da die Wunde schon zugewachsen ist.

Wie gewinne ich Harz?

Harz von Baum

Harzkleber wird direkt von Harz hergestellt.

Harz von verletzen Bäumen mit einem Messer abschaben und in einem Behälter auffangen.

Eure Anleitung um Harzkleber selbst herzustellen:

Das Harz kann entweder durch Erhitzen oder durch Auflösen in Alkohol (z.B. Spiritus oder Aceton) verflüssigt werden.

  1. Zum Schmelzen wird das zerkleinerte Harz in einem feuerfesten Gefäß über einer Flamme erwärmt. Es härtet allerdings sehr schnell wieder aus und eignet sich daher nur zum Kleben kleinerer Flächen.
  2. Das zerkleinerte Harz wird mehrere Stunden in Alkohol eingelegt, bis es  sich vollständig aufgelöst hat. Um es ggf. einzudicken kann man es einige Tage in einem offenen Gefäß (an freier Luft) aufbewahren,  bis so viel Alkohol verdunstet ist, dass das Gemisch die gewünschte Konsistenz hat. Da Aceton auch Kunststoffe löst, können diese mit einem Harz-Aceton-Kleber besonders fest verbunden werden.
 

Wie verklebt man Birkenpech?

Da das Birkenpech im erkalteten Zustand sehr hart ist, wird es zum Verkleben einfach erwärmt. Je wärmer das Birkenpech ist, desto leichter lässt es sich zum Kleben verstreichen, umso länger man es erwärmt, desto länger braucht es, um seine ganze Klebekraft zu entfalten.

Ötzi Arrowhead Pfeil Birkenpech

Ein Ötzi Pfeil mit Birkenpech. ©  Ursula Wierer: wikipedia.org/wiki/Birkenpech#/media/Datei:%C3%96tzi_Arrowhead_12

Bei kleinen Teilen wie zu Beispiel Federkiele bei der Pfeilerstellung oder dem Einbringen der Pfeilspitze wurde das Birkenpech heiß aufgetragen. Die Pfeilspitze wurde dann sofort anschließend mit einer Tiersehne fixiert, oder die Federkiele von den Pfeilen mit Schnüren oder ebenso mit Tiersehnen. Größere Gegenstände wie ein Axtkopf wurden jedoch  selbst erhitzt und in den bereits im Schaft befindlichen Kleber gedrückt. Auch die Axt wurde dann mit Bandmaterial umwickelt, so dass die Tiersehne oder die Schnur fest im Birkenpech mit dem Schaft und dem Axtsteinkopf verbunden war.

Bei allen Birkenpech herstellen Verfahren solltet ihr zur Anwendung eine Schutzbrille tragen und hitzebeständige Handschuhe anziehen. Diese Erklärungen spiegeln nur meine eigenen Erfahrungen wider und sind keine vollständige Erklärung wie man Birkenpech perfekt herstellt. Falls ihr noch mehr über das Thema Birkenpech herstellen erfahren wollt und wie man mit Birkenpech Pfeile, Äxte oder Speere herstellt, dann besucht gerne unsere Steinzeit Experten Kurse. Wir haben in unserem Survival Netzwerk, das ganz Europa abdeckt, die ausgefallensten Spezialkurse die ihr euch nur vorstellen könnt. Egal ob es sich um Flintknapping, Einbaumbau, Rindenkanu herstellen oder um eine Steinzeitausrüstung handelt. Wenn ihr bei uns einen Survival oder Wildnis Kurs buchen wollt, ruft uns gerne an oder schreibt uns einfach eine E-Mail. Wir freuen uns auf euch und wünschen euch viel Spaß mit dem Thema Birkenpech herstellen.

 

Ähnliche Artikel die euch auch interessieren könnten:

Bildquellen:

© Dimitry Syechin - AdobeStock © wikipedia.org/wiki/Birkenpech#/media/Datei:Birkenpech von Jorre © Gorodenkoff - AdobeStock © romankrykh - AdobeStock © Broadway - AdobeStock © UrbanExplorer - AdobeStock © ExQuisine - AdobeStock © airborne77 - AdobeStock
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

Schreibe einen Kommentar:

Speichere Namen, Email und Webseite im Browser fur zukunftige kommentare